Abrahan Garcia – Freitag

Bahrain
Viele Revolutionen während dem Arabischen Frühling wurden vom Westen unterstützt,jedoch nicht alle.Auch die Bahrainer gingen auf die Straße,nur dass sie niemand bemerkte.

Ein Nutzerbeitrag von Abrahan Garcia

Die Erwartungen waren groß. Gerade war der Arabische Frühling ausgebrochen, nachdem sich ein tunesischer Gemüsehändler anzündete und der Revolutionsgeist wie ein Lauffeuer durch die Region ging. In Tunesien revoltierten die Menschen gegen Zine el-Abidine Ben Ali, in Libyen gegen Muammar al-Gaddafi, die Ägypter stürzten nach heftigen Kämpfen Hosni Mubarak und auch in Syrien kam es zu Protesten gegen die Regierung. Im Westen kamen die ersten Hoffnungen auf, dass sich die sonst als rückständige betrachtete arabische Welt der Demokratie und anderen Werten öffnen würde, als die arabische geschlossen und geeint gegen ihre Despoten auf die Straßen ging, auch wenn einige von ihnen mit dem Westen jahrelang zusammenwirkten. Dennoch mangelte es nicht an Zuspruch für die Demonstranten, sowohl politisch wie in Libyen, als auch wirtschaftlich wie in Tunesien oder Ägypten, aber auch menschlich wie in der Ukraine, als sich auf dem Protestplatz in Kiew, dem “Maidan”, EU-Politiker mit US-amerikanischen Kollegen die Klinke in die Hand drückten. Die allgemeine Botschaft lautete:

Doch trotz aller Bemühungen die Proteste als eine Revolution der Massen darzustellen, kam von Regierungsseite schnell der Vorwurf auf, es sei lediglich ein Versuch der Schiiten im Land ihre Situation zu verbessern und nach iranischem Vorbild gegen sunnitische Herrschaft zu revoltieren. Vielleicht war auch deswegen der Kampf der Sicherheitskräfte gegen die Demonstranten von einer Brutalität geprägt, die bereits am ersten Tag ein Todesopfer forderte. Als dann tags darauf während der Beisetzung des Getöteten die Proteste abermals eskalierten und weitere Menschenleben kostete, zeichnete sich bereits ab, dass die bahrainische Regierung alles andere als erfreut war von den Demonstrationen und diese auch mit Gewalt niederschlagen wird. Vor allem wurde nur kurz nach dem “Tag des Zornes” eine Gegendemonstration von salafistischen Predigern abgehalten, die vorwiegend das Ziel verfolgte, die landesweiten Proteste zu diffamieren und durch Demagogie und Agitation einen Keil zwischen den sunnitschen und schiitischen Bahrainer zu treiben. Mohammed Khaled beispielsweise, ein ehemaliger Abgeordneter, sprach von angeblichen Plänen, die die Vertreibung aller Sunniten aus dem Inselstaat vorsah und aus dem Grund sein Appel an die Bevölkerung war, Bürgerwehren aufzubauen, um gegen die Gefahr vorzugehen.2 Auch wenn die abschließende Analyse dieser Gegenbewegung schwer zu vollziehen ist, so sind einige Zweifel vorhanden, die dessen Charakter als tatsächliche Bürgerinitiative darstellen. Für Heiko Wimmen, einem Autor bei dem “Deutschen Institut für Politik und Wissenschaft”, steht fest: “Umstritten bleibt, inwieweit die Demonstration am 21. Februar, die den Beginn dieser Eskalation markierte, eine echte Meinungsbekundung bahrainischer Bürger war, die sich durch die Kundgebungen auf dem Perlenplatz nicht repräsentiert oder gar bedroht fühlte.  Zweifellos hatte diese, von einer kleinen Gruppe von (sunnitischen) Politikern und Persönlichkeiten  angeführte Veranstaltung den Anschein einer von oben gesteuerte Aktion, die in scharfem Kontrast zu der ausgelassenen Atmosphäre auf dem Perlenplatz stand.”3
Auf alle Fälle führte diese Gegenbewegung zu einer Eskalation der Gewalt im Land und erreichte sein Ziel, die konfessionellen Gräben zwischen den Bürgern zu vertiefen. Anfang März 2011 brachen in gemischten Wohnviertel und der Universität religiöse Unruhen aus, die von den Perlenplatz-Demonstranten nicht wirklich entschärft wurden, im Gegenteil. Die Gewalt wuchs immer weiter. Auch aufgrund dessen beschoss dann der Golfkooperationsrat, der GCC, Truppen zur Befriedung der Situation zu senden. Am 14.März rollten dann zur Unterstützung der Regierung über die King-Fahd-Brücke Panzer aus Saudi Arabien in den Golfstaat, insgesamt 2000 Soldaten und Polizisten. Als dann zwei Tage später der Perlenplatz gewaltsam geräumt wurde, starben 6 Menschen und es gab hunderte Verletzte. Anschließend durchkämmten Sicherheitskräfte die umliegenden Krankenhäuser und verhafteten die Verletzten. „Verletzungen werden dazu genutzt, Demonstranten zu identifizieren und sie dann zu verhaften. Es wird besonders nach Schussverletzungen gesucht, die durch Polizei- und Militäreinsätze entstanden sind. Die Verweigerung medizinischer Behandlung nutzt der Staat dazu, die Bevölkerung von Protesten abzuhalten“, sagte Latifa Ayada, ein Mitarbeiter bei “Ärzte ohne Grenzen“. 

 

Dennoch blieb damals der große internationale Druck aus. Malcom Smart von Amnesty International kritisierte dies scharf: “In den Fällen Libyen, Tunesien und Ägypten hat man sich für die Einhaltung der Menschenrechte starkgemacht, um den Eindruck zu vermeiden, dass man verschiedene Maßstäbe anlegt, muss man auch stärkeren Druck auf die bahrainischen Behörden ausüben, um sicherzustellen, dass sie die Menschenrechte respektieren.” Tatsächlich beschränkten sich einige Staatschefs auf mahnende Worte, die mit fragwürdigen Wirtschaftsdeals später dann konterkariert wurden. Guido Westerwelle zum Beispiel zeigte sich solidarisch mit den Bahrainer Demonstranten, vergas aber, dass die deutsch-britische Firma “Gamma International” ohne Genehmigung eine Spionagesoftware an die dortige Regierung verkaufte, abgesichert durch eine Hermesbürgschaft aus Berlin.6 Barack Obama forderte die Regime von Saudi Arabien und Bahrain zur “maximalen Zurückhaltung” auf, vergas aber, dass die Bahrainer den Großteil ihres Tränengases aus den USA erhielten. Nachdem die UN-Menschenrechtskommission schließlich im März 2012 den exzessiven Einsatz selbigens, der zu mindestens zwei Todesfällen geführt hat, scharf kritisierte, stellten die Amerikaner den Verkauf ein. Als Ersatz sprangen dann zwei südkoreanische Firmen ein, die zusammen mit der deutsch-südafrikanischen Rheinmetall Denel nun die bahrainische Regierung beliefern.7

Der Perlenplatz nach seiner gewaltsamen Räumung. Er wurde danach von saudischen Sicherheitskräften abgerissen.

Der Perlenplatz nach seiner gewaltsamen Räumung. Sein zentrales Monument wurde danach von saudischen Sicherheitskräften abgerissen.

 

Doch die Frage, die sich stellt, ist warum so viele Regierungen sich bei dem Thema Bahrain bedeckt hielten und vor allem warum viele deutsche Nachrichtenmagazine so gut wie nichts über die Proteste berichten. Wenn man “Bahrain” bei einer Suchmaschine eingibt, kommen mehr Ergebnisse, die die Formel 1 betreffen, die einen Grand Prix in dem Land fährt, als Berichte über die momentane politische Lage dort. Insofern ist eine Einschätzung der jetzigen Situation nicht gerade einfach, da es so gut wie keine Informationen aus den großen Medien gibt. Darum ein Blick zur Seite der deutschen Botschaft in Manama, die aktuelle Sicherheitshinweise anbietet.

 

Hört sich also nicht gerade danach an, als wäre die Lage dort ruhig. Erst im Februar kam es zum Jahrestag der Perlenplatz-Proteste zu heftigeren Zusammenstößen mit Sicherheitskräften, bei denen die Zahl der insgesamt getöteten Demonstranten laut Amnesty International auf 164 stieg und die der politisch Inhaftierten auf über 3000.8 Ein Grund könnte die strategische Bedeutung des Golfstaates für die westliche Politik sein. Zum einen wird in Bahrain die 5.Flotte der US-Marine beherbergt, die für die gesamte maritime Präsenz der USA im Persischen Golf, Roten Meer, Arabischen Meer und Teile des Indischen Ozeans verantwortlich ist. Insofern ist Bahrain ein strategisch wichtiger Verbündeter der Amerikaner, nicht vorzustellen, was passieren würde, wenn die Schiiten im Land eine Revolution nach iranischem Vorbild durchführen würden und ihre außenpolitische Linie an den Iran anpassen. Schließlich reichte die persische Herrschaft im Golfstaat bis weit ins 20. Jahrhundert zurück und es gab immer wieder Ansprüche auf das ölreiche Emirat, ein Grund, warum der Iran erst 1970 die volle Souveränität Bahrains anerkannte. Diese wurde nach der islamischen Revolution 1979 wieder zurückgenommen und seitdem sind die Herrschaftsbestrebungen aus Teheran wieder aufgeflammt.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.

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