Hauptabnehmer war demnach Saudi-Arabien, das allein 1,24 Milliarden Euro für Rüstungsgüter aus deutscher Produktion ausgab, neunmal soviel wie 2011. Eine Entwicklung, die Mathias John, der Rüstungsexperte der Menschenrechtsorganisation Amnesty International, mit großer Sorge sieht.
“Saudi-Arabien ist aus unserer Sicht ein ganz großes Problem. Es ist sicherlich ein völlig falsches Signal, einem Staat, in dem die Menschenrechte gravierend verletzt werden, in dem wir viele Diskriminierungen beispielsweise der Frauen oder nach Religionen haben, wenn so ein Land aus Deutschland in einem derartigen Umfang Rüstungsmaterialien bekommt und da drunter wahrscheinlich eben auch Materialen, die durchaus selber wieder für Menschenrechtsverletzungen verwendet werden könnten.”
Kritisch sieht John die Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien auch, weil das Regime dort mithilft, die Protestbewegungen in den Nachbarstaaten zu bekämpfen. Als vor zwei Jahren die Bevölkerung in Bahrain auf die Straße ging, schickte Saudi-Arabien Soldaten und Polizisten. Auch Bahrain bezieht inzwischen mehr Rüstungsgüter aus Deutschland, ebenso wie Algerien. 2010 importierte das nordafrikanische Land noch Waffen im Wert von 20 Millionen Euro, zwei Jahre später 287 Millionen:
Mathias John, Rüstungsexperte Amnesty International (Bild: Deutschlandradio – Bettina Straub)
“Es sollen dort beispielsweise gepanzerte Fahrzeuge hingeliefert oder gebaut werden, also auch wieder Rüstungsgüter, die gerade auch bei internen Konflikten verwendet werden können. Es soll, ähnlich wie schon nach Saudi-Arabien, auch dort ein sogenanntes Grenzüberwachungssystem geliefert werden, was natürlich auch unter Umständen zur Überwachung gegen die eigene Bevölkerung eingesetzt werden kann, also in einem Land, in dem die Meinungsfreiheit nicht wirklich gesichert ist.”
Es sei völlig unverständlich, dass die Bundesregierung Rüstungsexporte in diese Länder genehmige, sagte John. Die Golfstaaten rüsten immer weiter auf, die Bundesregierung hat keinerlei Hemmungen, sie bis an die Zähne zu bewaffnen, kritisiert auch Jan van Aken, der Rüstungsexperte der Linkspartei. Man könne nicht deutlicher zeigen, dass schwerste Menschenrechtsverletzungen offensichtlich gar kein Grund mehr seien, Exporte zu verweigern. Mathias John fordert eine grundlegende Kehrtwende in der Rüstungsexportpolitik.
“Die Bundesregierung muss endlich eine gesetzlich verbindliche Menschenrechtsklausel in die Rüstungsexportgesetzgebung einführen und sich dann natürlich auch daran halten und zwar nachvollziehbar daran halten. Sie muss Rechenschaft ablegen, wenn sie die Menschenrechte bei Exportgenehmigungen nicht berücksichtigt.”
Heißt im Klartext: keine Rüstungsexporte in Länder, die die Menschenrechte gravierend verletzen. Nötig sei aber auch mehr Transparenz, sagt John. Es kann nicht sein, dass wir immer erst dann von Rüstungsexporten erfahren, wenn die Genehmigungen schon erteilt worden sind, sagt er.
Gerhard Schröder (Bild: Deutschlandradio – Bettina Straub)
Gerhard Schröder berichtet für Deutschlandradio aus dem Hauptstadtstudio.
Letzte Änderung: 13:17 Uhr