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Der nächste Akt des arabischen Frühlings spielt am Golf

Die Herrscher der Golfregion glaubten lange, der Wind des arabischen Frühlings werde einen Bogen um sie machen. Doch das war eine Fehleinschätzung.

Gingen gegen das neue Wahlgesetz auf die Strasse: Demonstranten in Kuwait. (4. Nobember 2012)

Gingen gegen das neue Wahlgesetz auf die Strasse: Demonstranten in Kuwait. (4. Nobember 2012)
Bild: Reuters

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Zwar konnten die Proteste in Oman 2011 durch ein staatliches Beschäftigungsprogramm und eine Kabinettsumbildung beendet werden. Doch in Kuwait gingen in den vergangenen Wochen unter dem Motto «Würde der Nation» Zehntausende auf die Strasse, um gegen das neue Wahlgesetz zu protestieren.

In Bahrain ist die Konfrontation zwischen den Königstreuen und der Opposition, die im Frühjahr 2011 begonnen hatte, noch immer nicht beendet. In Saudiarabiens ölreicher Ost-Provinz begehren die Schiiten weiter auf, obwohl König Abdullah Arbeitslosengeld eingeführt hat und die Polizei hart gegen Demonstranten vorgeht.

In den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) und in Katar wurden jüngst mehrere lautstarke Kritiker verhaftet, um mögliche Proteste im Keim zu ersticken.

Strafen für Journalisten

Das Emirat Katar, das sich mit seinem Nachrichtensender al-Jazeera gerne als Musterland der Meinungsfreiheit präsentiert, handelte sich neulich wegen eines neuen Pressegesetzes einen Rüffel von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch ein. Der Gesetzentwurf sieht Strafen für Journalisten vor, die sich kritisch über die Herrscherfamilie Al-Thani äussern.

Angeklagt werden kann auch, wer durch seine Berichte die guten Beziehungen zwischen Katar und anderen arabischen Staaten gefährdet. Demonstrationen sind in Katar ohnehin verboten. Zwar haben auch die Herrscher von Kuwait und Bahrain inzwischen ein Demonstrationsverbot erlassen, doch die Oppositionellen setzen sich dort über die Verbote einfach hinweg.

Es gibt zwar bislang keine offizielle Bestätigung für Berichte, wonach kürzlich Soldaten aus Jordanien nach Kuwait geschickt wurden, um die Familie des Emirs, Scheich Sabah al-Ahmed al-Sabah, im Notfall vor einem Umsturz zu bewahren. Doch insgesamt zeigen sich die arabischen Monarchen weitgehend solidarisch.

Als im Februar 2011 die von schiitischen Oppositionsgruppen dominierte Protestwelle in Bahrain anrollte, schickte der saudische König Abdullah seine Nationalgarde ins Nachbarland, um dem sunnitischen Königshaus beizustehen. Nach dem zweiten Massenprotest in Kuwait am vergangenen Sonntag rief der Polizeichef von Dubai, General Dhahi Chalfan al-Tamim, die Kuwaiter zur Ruhe auf.

Grösste Gefahr: Die Muslimbrüder

Der meinungsstarke Polizeichef aus Dubai hat derweil die Muslimbrüder neben dem Iran als grösste Gefahr für die Golfstaaten ausgemacht. Und mit dieser Meinung ist er nicht allein. Zwar haben einige der Golfstaaten in den vergangenen Monaten Geld nach Ägypten und Tunesien gepumpt, wo die Muslimbruderschaft inzwischen an der Macht beteiligt ist. Doch im eigenen Haus möchte man weder Islamisten noch westlich orientierte Reformer haben.

Als die Europäische Union kürzlich die Regierung der Emirate aufforderte, alle politischen Gefangenen freizulassen, reagierte die VAE-Regierung empört.

Was Herrscher in Abu Dhabi, Riad und Kuwait-Stadt an der Ideologie der Muslimbrüder so gefährlich finden, ist die Theorie, dass sich eine islamische Herrschaft gut mit den Institutionen eines demokratischen Systems verträgt. Lediglich König Hamad bin Issa Al- Chalifa in Bahrain empfindet die sunnitischen Muslimbrüder nicht als Bedrohung. Denn die Mehrheit seiner unzufriedenen Untertanen sind schiitische Muslime.

Keine Angst vor den frommen Brüdern

Auch der Emir von Katar, Scheich Hamad bin Chalifa al-Thani, hat keine Angst vor den frommen Brüdern. Schliesslich gehört er inzwischen zu den wichtigsten Sponsoren der Bewegung. Als erster arabischer Herrscher besuchte er im Oktober den Gazastreifen, der von der radikal-islamischen Hamas – einem Ableger der Muslimbruderschaft – kontrolliert wird.

Und der in Katar residierende ägyptische Geistliche Scheich Jussif al-Karadawi, der bei al-Jazeera eine eigene Sendung hat, trägt die Ideologie der Islamisten in jedes arabische Wohnzimmer.

Die anderen Herrscher am Golf halten das Spiel der Katarer zwar für gefährlich. Eine wirksame Gegenstrategie haben sie jedoch nicht entwickelt. Ein Versuch von Saudiarabien, die noch radikaleren Salafisten zu fördern, hat zwar für Unruhe in einigen Staaten der Region gesorgt. Sie war bisher aber insgesamt nicht von Erfolg gekrönt.
(Bernerzeitung.ch/Newsnet)

Erstellt: 10.11.2012, 18:30 Uhr


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