Der Zwist um die muslimbrüderfreundliche Politik des Emirats hat ein Ende. Die Botschafter der Golfstaaten kehren zurück
Riad/Wien – Der arabische Golfkooperationsrat (GCC) hat es am Wochenende offenbar geschafft, sein Haus in Ordnung zu bringen: Die angespannten Beziehungen dreier Staaten mit dem Emirat Katar, das im Moment den GCC-Vorsitz innehat, wurden normalisiert, und der für Dezember geplante Gipfel kann deshalb in der katarischen Hauptstadt Doha stattfinden.
Die Versöhnung fand auf einem außerordentlichen GCC-Gipfel im saudi-arabischen Riad statt. Katarwurde von Saudi-Arabien, den Vereinten Arabischen Emiraten (VAE) und Bahrain beschuldigt, sich in ihre inneren Angelegenheiten einzumischen und eine dem GCC schädliche Politik zu verfolgen. Sie hatten deshalb im März sogar ihre Botschafter aus Doha zurückgerufen. Der Oman und Kuwait waren diesem Schritt nicht gefolgt, der Emir von Kuwait bemühte sich um Vermittlung.
Was Katar seinen Kritikern konkret versprach, wurde vorerst nicht bekannt. Versuche, den Streit – der konkret an Katars muslimbrüderfreundlicher Politik entbrannt war – beizulegen, gab es schon früher. Im November 2013 unterzeichneten alle GCC-Länder die Verpflichtung, niemanden zu unterstützen, der die Sicherheit und Stabilität der anderen gefährdet. Aber Katar wurde wenige Monate später vorgeworfen, seine Politik nicht geändert zu haben.
Verehrer Qaradawis
Die arabischen Golfstaaten werfen den Muslimbrüdern vor, die Monarchien am Persischen Golf stürzen zu wollen. In den VAE fanden im Vorjahr große Prozesse gegen vermeintliche Verschwörer statt. InKatar hingegen hatte sich Emir Hamad bin Khalifa Al Thani dem aus der ägyptischen Muslimbrüderschaft stammenden Prediger Youssef al-Qaradawi angenähert, der durch seine Sendung im katarischen TV-Sender Al Jazeera international bekannt wurde. Auch nach dem Rücktritt Hamads im Juni 2013 fand der von den anderen Golfstaaten erhoffte Richtungswechsel Katars nicht statt. Nun hat der junge Emir Tamim bin Hamad (34) offensichtlich eingelenkt. Qaradawi hat allerdings schon seit einigen Monaten nicht mehr öffentlich gepredigt.
Akut wurde der Streit durch die Vorgänge in Ägypten. Katar war der einzige arabische Golfstaat, der voll zum Muslimbruderpräsidenten Mohammed Morsi stand. Auch nach dessen Sturz – der von Saudi-Arabien begrüßt wurde – distanzierte sich Katar vorerst nicht von den Muslimbrüdern, auch wenn es im September einigen hohen Kadern nahelegte, Katar, wohin sie sich geflüchtet hatten, zu verlassen.
Der letzte Freund Erdogan
Ob auf jene innerhalb des GCC auch eine katarisch-ägyptische Versöhnung folgt, bleibt abzuwarten. Falls Katar die Muslimbrüder wirklich fallenlässt, dann ist die türkische Regierung, die eisern an ihrer Unterstützung für den gestürzten Morsi festhält, noch isolierter: Präsident Tayyib Erdogan beschimpft seinen ägyptischen Amtskollegen Abdulfattah al-Sisi als Putschisten. Obwohl sowohl Saudi-Arabien und seine Satelliten als auch die Türkei den Sturz von Syriens Machthaber Bashar al-Assad betreiben, sind die Beziehungen denkbar schlecht.
Die Versöhnung mit Katar folgt just auf die Veröffentlichung einer Terrorismusliste der Vereinigten Arabischen Emirate: Unter den 82 Organisationen befinden sich die Muslimbrüder, aber auch die in Kataransässige “Internationale Union muslimischer Gelehrter”, deren Vorsitzender Qaradawi ist. Sie hat sich am Montag mit einem Statement zu Wort gemeldet, in dem sie diese Klassifizierung zurückweist. Auch andere den Muslimbrüdern nahestehende Organisationen – zwei davon in den USA – sind betroffen.
Auf der Liste sind neben Organisationen wie Al-Kaida, dem “Islamischen Staat” (IS), der nigerianischen Boko Haram und Anshar al-Sharia (Libyen) auch die in Syrien kämpfende “Nusra-Front”, als deren Unterstützer ebenfalls immer wieder Katar genannt wurde. Sie ist in der letzten Zeit sehr erfolgreich gegen vom Westen unterstützte Gruppen.
Querschuss gegen den Irak
Auch schiitische Gruppen stehen auf der Liste, unter anderem die jemenitischen Huthis (Ansar Allah), die mittlerweile die Hauptstadt Sanaa kontrollieren. Aber auch irakische schiitische Gruppen sind dabei, die auf der Seite der irakischen Armee die IS bekämpfen. Neben den Asaib al-Haq ist das die Badr-Organisation – der der neue irakische Innenminister Mohammed al-Ghabban entstammt. Das wird die Beziehungen der Golfaraber zum Irak erschweren. Die libanesische Hisbollah ist übrigens nicht gelistet. (DER STANDARD, 18.11.2014)