Seit dem Fuball-WM-Zuschlag fr Katar 2010 schlgt das ausbeuterische Arbeitssystem smtlicher Golfstaaten Wellen. Trotz aller Beteuerungen hat sich fr die Mehrheit der Arbeitssklaven nichts gendert.

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Bahrain lsst Frauen an die Wahlurnen – so wie hier am vergangenen Wochenende. Migranten leiden dagegen unter Diskriminierung und Ausbeutung.
Zunchst war Victoria durchaus zufrieden mit ihrer Arbeit, als sie im August 2012 in Katar ankam. Zwar musste die junge Philippinin regelmig von 5 Uhr frh bis 20 Uhr spt putzen, kochen und waschen. Freitags aber hatte sie frei, konnte nach Doha in die Shopping Malls. Pnktlich und ohne Abzug erhielt sie ihr vereinbartes Gehalt von umgerechnet 220 Euro ausgezahlt.
Das alles nderte sich schlagartig, als ber Weihnachten zwlf Familienmitglieder ihrer Arbeitgeberin zu Besuch kamen, vier Wochen blieben und sich von vorne bis hinten bedienen lieen. Die Haushaltshilfe schuftete rund um die Uhr, alle freien Tage wurden gestrichen. Als sie nach der Abreise der Gste dafr einen Lohnzuschlag verlangte, begann der Stress. Einen Monat stand sie unter Hausarrest, ihr Lohn wurde um zehn Prozent gekrzt und die freien Tage auf zwei pro Monat halbiert – Strafen, denen die Frau rechtlos ausgeliefert war.
Victorias Fall, von Amnesty International in dem Bericht “Mein Schlaf ist meine Pause” dokumentiert, ist alltglich in einer Region, in der inzwischen mehr als 23 Millionen Auslnder ttig sind, darunter 2,4 Millionen Haushaltshilfen. Andere angeworbene Frauen machen weitaus extremere Erfahrungen, sie werden geschlagen und gedemtigt, als “Esel” oder “Tier” beschimpft, bekommen tagelang nichts zu essen oder werden Opfer sexueller bergriffe.
Dabei prsentieren sich die sechs superreichen Golfstaaten Bahrain, Kuwait, Oman, Katar, Emirate und Saudi Arabien gerne als glitzernde Beispiele von Modernitt, Zivilisation und Wohlstand in einer Region, die ansonsten von Brgerkriegen, Gewalt und Fanatismus zerrttet wird. Ihren Reichtum verdanken sie dem l und Millionen von Arbeitskrften aus Pakistan, Indien, Bangladesch und sdasiatischen Staaten, die schlecht bezahlt und praktisch rechtlos auf den Grobaustellen schuften oder in arabischen Luxusvillen dienen. Keine andere Weltgegend nutzt Migranten in solchen Dimensionen und mit solchen jhrlichen Zuwachsraten aus.
Und so verlieren internationale Menschen- und Brgerrechtsorganisationen sowie internationale Gewerkschaften langsam die Geduld. 93 Organisationen haben jetzt in einem Memorandum die Golfstaaten aufgefordert, ihr rckstndiges Arbeitsrecht zu modernisieren und wirksame Kontrollen einzufhren. Anlass ist die Konferenz des so genannten “Abu Dhabi Dialogs fr Migrantenarbeiter”, der diese Woche in der emiratischen Hauptstadt stattfindet und bei der die asiatischen Arbeitsminister ihren Amtskollegen vom Golf endlich Zugestndnisse abtrotzen wollen.
Denn seit dem WM-Zuschlag fr Katar vor vier Jahren schlgt das ausbeuterische Arbeitssystem am Golf auch international Wogen. Doch das Reformtempo bleibt minimal. Gastarbeiter sollen knftig ihren Lohn elektronisch ausgezahlt bekommen, um willkrliche Krzungen zu erschweren. Ein gemeinsamer Standardvertrag fr Haushaltshilfen wird entworfen.
Doch unabhngige Gewerkschaften erlauben oder eine effiziente Arbeitsaufsicht einfhren, an die sich Ausgebeutete wenden knnen, davon wollen die gekrnten Hupter nichts wissen. Kein Wunder, dass der Ton ihrer Kritiker immer rauer wird. “Eine fundamentale Reform des Arbeitsrechts in der Region ist absolut dringend”, fordert der Internationale Gewerkschaftsbund (IGB). Die Golfstaaten htten die Macht, die Ausbeutung der Migrantenarbeiter praktisch sofort zu beenden. “Bislang jedoch fehlt dazu jeder politische Wille.”