Die Krise zwischen Saudi-Arabien und dem Iran sowie weiteren Staaten der Region hat sich am Dienstag ausgeweitet. Kuwait zog als fünftes Land der Region seinen Botschafter aus dem Iran ab. Unterdessen verteidigte Saudi-Arabien vor den Vereinten Nationen die Massenhinrichtung von 47 Menschen, die die schwere diplomatische Krise in der Region ausgelöst hatte.
Das Außenministerium in Kuwait-Stadt begründete den Abzug seines Botschafters mit den Angriffen auf die diplomatischen Vertretungen Saudi-Arabiens. Diese seien ein “Bruch internationaler Vereinbarungen” und eine Verletzung der iranischen “Pflicht, die Sicherheit diplomatischer Vertretungen und von Diplomaten” zu garantieren.
Nach Saudi-Arabien hatte am Montag auch Bahrain seine Beziehungen zum Iran abgebrochen. Die Vereinigten Arabischen Emirate sowie der Sudan zogen ebenfalls ihren Botschafter aus Teheran ab. Ebenso wie Saudi-Arabien kappte am Dienstag auch Bahrain alle Flugverbindungen in den Iran, wie die amtliche Nachrichtenagentur BNA meldete.
Die Regierung in Teheran erklärte, der Abbruch diplomatischer Beziehungen durch Saudi-Arabien und seine “Vasallen” werde “keine Auswirkungen auf die Entwicklung Irans haben”. Saudi-Arabien selbst werde unter dem Abbruch der Beziehungen “leiden”, sagte Regierungssprecher Mohammed Bagher Nobacht.
Der Golfkooperationsrat will am Samstag in Riad über die Botschaftsangriffe beraten, bevor am Sonntag die Außenminister der Arabischen Liga zu einem Krisentreffen in Kairo zusammenkommen.
Saudi-Arabien hatte am Samstag den schiitischen Geistlichen Nimr Baker al-Nimr, einen entschiedenen Gegner des sunnitischen Königshauses, und 46 weitere Menschen hingerichtet. Daraufhin griffen im schiitisch geprägten Iran hunderte Menschen die saudi-arabische Botschaft in der Hauptstadt Teheran an.
Alle Verurteilten hätten einen fairen Prozess gehabt, erklärte die Vertretung Saudi-Arabiens bei der UNO in der Nacht zum Dienstag. Die gefällten Urteile gründeten sich allein auf die Gesetze und “das kriminelle und illegale Handeln” der Betroffenen. Die Vertretung äußerte ihr “tiefes Bedauern” über eine Erklärung von UN-Generalsekretär Ban Ki-moon. Dieser hatte sich “tief bestürzt” über die Hinrichtungen gezeigt.
Der UNO-Sicherheitsrat verurteilte die Angriffe auf die saudiarabische Botschaft in Teheran und das saudiarabische Konsulat in Mashhad, die Hinrichtungen blieben dagegen unerwähnt. In einer einstimmig verabschiedeten Erklärung forderte der Sicherheitsrat den Iran auf, “diplomatisches und konsularisches Eigentum und Personal zu schützen und den internationalen Verpflichtungen auf diesem Gebiet voll nachzukommen”.
Der iranische Präsident Hassan Rohani sagte am Dienstag bei einem Besuch des dänischen Außenministers Kristian Jensen in Teheran, es sei keine angemessene Reaktion auf Kritiker, “ihnen den Kopf abzuschneiden”. Er hoffe, dass die europäischen Staaten, die “immer auf Menschenrechtsfragen reagieren”, auch in diesem Fall ihre “Pflicht erfüllen”.
Weltweit verstärkten sich die Rufe nach einer Deeskalation. US-Außenminister John Kerry drängte seine Kollegen aus Saudi-Arabien und dem Iran in Telefonaten zu einer Beruhigung der Lage. Der türkische Regierungschef Ahmet Davutoglu sagte in Ankara, sein Land sei “bereit, jede Anstrengung zur Lösung der Probleme zu unternehmen”. Vom König-Abdullah-Zentrum für interreligiösen Dialog (KAICIID) in Wien, das von Saudi-Arabien finanziert wird, gab es indes keine Stellungnahme.
Riad, 05.01.2016 – APA/ag. – mf