Die deutsch-britische Softwarefirma Gamma International hat mit Produkten wie dem Trojaner FinFisher gegen menschenrechtliche Verpflichtungen verstoßen. Das stellt die britische OECD-Kontaktstelle (NKS) in einer heute veröffentlichten abschließenden Bewertung fest. Die NKS fordert Gamma – und explizit auch die anderen zum Konzern gehörenden Unternehmen – auf, wirksame Standards zum Schutz der Menschenrechte zu implementieren.
Das Bahrain Center for Human Rights (BCHR), Bahrainwatch, das European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) Privacy International und Reporter ohne Grenzen, hatten 2013 bei der NKS in London eine Beschwerde gegen Gamma eingereicht. Gleichzeitig reichten die Organisationen damals bei der deutschen NKS Beschwerde gegen die Softwarefirma Trovicor GmbH aus München ein. Die Organisationen warfen den Unternehmen vor, durch Lieferung der Produkte und den technischen Support mitverantwortlich zu sein für die Festnahme, Verhaftung und Folter von Oppositionellen und Regimekritikern in Bahrain.
“Wir sehen uns durch die Stellungnahme der britischen OECD-Kontaktstelle mit unserer Beschwerde bestätigt”, sagte Christian Mihr, Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen in Berlin: “Gleichzeitig muss der Einsatz für eine umfangreiche Beschränkung des Exports von Überwachungstechnologie an autoritäre Staaten weitergehen.” Miriam Saage-Maaß, stellvertretende Legal Director des ECCHR sagte: “Die Entscheidung der britischen NKS ist von grundlegender Bedeutung! Auch die deutsche Gamma-Tochter FinFisher Labs in München muss sich daran orientieren.”
Die britischen OECD-Prüfer kritisierten, dass Gamma keine menschenrechtsbezogene Due-Diligence-Prüfung durchgeführt und intern keine verbindlichen Standards zur Beachtung von Menschenrechten habe. Zudem habe das Unternehmen nicht genug mit der NKS kooperiert. Trotz erdrückender allgemein zugänglicher Beweise schwieg Gamma zum Verkauf von FinFisher nach Bahrain. Die NKS, die sich darauf zurückzieht, keine eigenen Ermittlungsbefugnisse zu haben, konnte diesen konkreten Vorwurf nicht bestätigen.
Die beim Bundeswirtschaftsministerium angesiedelte deutsche NKS hatte die Beschwerde gegen Trovicor im Dezember 2013 abgelehnt. Sie hielt “eine vertiefte Prüfung nur hinsichtlich des allgemeinen Risikomanagements von Trovicor für möglich”. In den übrigen Punkten sah sie die Vorwürfe nicht ausreichend belegt. “Dass die Kontaktstellen in Deutschland und Großbritannien die Beschwerden unterschiedlich beurteilen, belegt erneut die Mängel im deutschen Beschwerdeverfahren“, sagte Saage-Maaß. “Die deutsche NKS muss unabhängiger strukturiert werden – zum Beispiel durch ein Aufsichtsgremium, in das wie in Großbritannien auch Vertreter aus der Zivilgesellschaft berufen werden.”
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