Politische Machtspiele im arabischen Raum sorgen dafür, dass die Vorbereitung zur im Januar in Katar stattfindenden Handball-WM einer Farce gleicht. Der Leidtragende ist am Ende der Sport.
Weniger als zwei Monate sind es noch. Dann soll die Handball-WM in Katar beginnen, das am besten organisierte Turnier, das es in diesem Sport je gegeben hat – tönen jedenfalls die Gastgeber, die nichts unversucht ließen, um ein gigantisches Event zu ermöglichen. Eine Stadt, drei Arenen, alle maximal 25 Kilometer von den Hotels entfernt. Die Scheichs motzten ihr Team mit Ausländern auf, um konkurrenzfähig zu sein. Mit Geld, dachten sie, könnten sie alles haben. Politische Machtspiele hatten sie dabei wohl nicht einkalkuliert. Machtspiele, welche die Vorbereitung auf das Turnier zu einer Farce macht.
Jedenfalls konnte der Weltverband (IHF) Stand Mittwoch offiziell noch nicht bestätigen, wer an der vom 15. Januar bis 1. Februar stattfindenden WM überhaupt teilnehmen wird. Der Grund: Bahrain und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) hatten vor anderthalb Wochen ihren Rückzug bekannt gegeben. Und an diesem Dienstag wieder einen Rückzieher gemacht.
Kaum jemand zweifelt noch daran, dass die Handballverbände der beiden Länder als Spielball der Regierungen herhalten mussten. Bahrain hatte seinen Rückzug zunächst ohne Begründung kundgetan, die Emirate sportliche Gründe angeführt. In den Gulf Daily News aber bestätigte ein Verbandsoffizieller Bahrains „politische Spannungen“ als Grund der Absage. Politische Entspannung dürfte nun der Grund für das Tauwetter sein.
Der Sport muss die Konflikte ausbaden
Hintergrund ist, dass Katars Regierung durch seine Rolle in den Konflikten im arabischen Raum bei vielen Machthabern in Ungnade gefallen ist. So sollen die Katarer engen Kontakt zu islamistischen Terrororganisationen unterhalten haben. Auch ihre Sympathie für die Muslimbrüder in Ägypten war in der Vergangenheit bekannt. Deshalb zogen Bahrain, die VAE und Saudi-Arabien im März ihre Botschafter aus Doha ab. Am Sonntag teilten die Mitgliedsstaaten des Golfkooperationsrates nun mit, in der Beziehung zwischen den Ländern solle eine neue Seite aufgeschlagen werden – und, dass die Botschafter zurückreisen. Zwei Tage später erklärten die Handballverbände Bahrains und der VAE den Rückzug vom Rückzug.
Was genau zu der plötzlichen Wiederaufnahme der politischen Zusammenarbeit führte, ist noch unklar. Unter Diplomaten in Doha heißt es, Katar habe noch einmal nachdrücklich sein Entgegenkommen in der zuletzt scharf kritisierten Außenpolitik zugesichert. So dürfen die Muslimbrüder nicht länger von Doha aus operieren. Als positives Zeichen wurde dahingehend schon im September die Ausweisung mehrerer führender Köpfe der Organisation gesehen. Zudem hat Emir Tamim Bin Hamad al-Thani ein Dekret unterschrieben, das religiöse Stiftungen unter strengere Kontrolle stellt – damit will Katar belegen, dass die finanzielle Alimentierung des Islamischen Staats (IS) unterbunden werden soll.
Zudem gilt es als ausgemacht, dass Katar sich nicht mehr in innenpolitische Angelegenheiten anderer Staaten einmischt. Kritik hatte es vor allem aus Bahrain gehagelt, von wo das mehrheitlich sunnitische Katar zahlreiche Sunniten mit der Aussicht auf die katarische Staatsbürgerschaft und Privilegien anlockte. Das mehrheitlich schiitische Bahrain beklagte einen gezielten Angriff auf die Demografie und Sicherheitslage des Landes.
Ausbaden muss diese Konflikte nun auch der Handball. Um weiteres Unheil zu verhindern, gilt es als wahrscheinlich, dass die IHF bei ihrer Ratssitzung an diesem Freitag das Rückkehrgesuch Bahrains und der VAE annehmen wird. Die Konsequenzen im Falle einer Verweigerung wären gigantisch, die Nominierung der Nachrücker ein organisatorisches Chaos. Es wäre offen, welcher Kontinentalverband überhaupt ein Zugriffsrecht hätte.
Sollte sich die IHF doch gegen Bahrain und die VAE entscheiden, könnten die Nachrücker aus dem gleichen Verband, also Asien, kommen. In diesem Fall Südkorea und Saudi-Arabien. Doch damit stünde die IHF vor dem gleichen Problem: Sowohl bei Saudi-Arabien als auch den nächsten Kandidaten Kuwait und Oman könnte man sich ob der politischen Wankelmütigkeit nie einer Teilnahme sicher sein. Der nächste Nachrücker wäre Japan, Neunter der Asienmeisterschaft.
Fragile Lage
Nähme die IHF die Rangliste der WM 2013 zum Maßstab, rückten Ungarn und Serbien nach, und die WM verkäme mit 16 Mannschaften von insgesamt 24 zu einer verkappten EM. Dieses Prozedere hat die IHF indes schon vor ein paar Monaten angewandt, als sie unter fadenscheinigen Gründen Ozeanienvertreter Australien vom WM-Turnier ausschloss, um Deutschland eine Wildcard zu ermöglichen.
Wie fragil die Lage weiter ist, zeigt sich auch an Ägypten. Vor einer Woche wurden Testspiele in Doha abgesagt. Die WM-Teilnahme sei aber nicht in Gefahr, beeilte sich Verbandspräsident Khalid Hamouda zu sagen – noch vor dem politischen Tauwetter vom Wochenende. Was verwunderte, denn ebenfalls vor einer Woche erklärte Ägyptens Schwimmverband den Verzicht auf die Kurzbahn-WM in Katar im Dezember. Die Treue zum Handballturnier hängt wohl auch mit Hassan Moustafa zusammen, dem einflussreichen IHF-Präsidenten – und ägyptischen Staatsbürger.