Ideologische Melonen – Freitag

Die Türkei und Israel könnte man in dieser neuen Konfrontation zunächst beiseitelegen, denn die brüskierende Diplomatie Netanjahus ist gescheitert und hat Israel massiv isoliert, zumal Israel eher die Rolle des ewigen Feindbildes im Nahen Osten darstellt. Die Türkei wurde seitens EU über Jahrzehnte wie ein Bittsteller für den Eintritt in die EU dargestellt. Die europäische Behandlung gegen die Türkei ist immer noch ideologisch-politisch ja sogar religiös und hat mit den Menschenrechten, der Demokratie und solchen Floskeln weniger zu tun. Die Türkei hat unter dem neu auferstandenen Sultan in Ankara einen anderen Weg aufgeschlagen: die „Großtürkei“! Die Staatsideologie von Erdogan besteht aus einer Nostalgie vom Osmanischen Reisch und einer islamischen Staatsreligion. Das Erbe von Kemal Atatürk wurde schrittweise beseitigt und der Staat im modernen Sinne wie laizistisch mit demokratischen Institutionen beerdigt. Wirtschaftlich aber ist die Türkei abhängig von vielen Faktoren, unter anderem wird die Aufhebung des Embargos gegen Iran der Türkei einen großen wirtschaftlichen Schwung gewährleisten.

Aber der eigentliche Konflikt im Nahen Osten seit 1979 liegt zwischen Iran und Saudi-Arabien: Iran das schiitische Land, Saudi-Arabien das islamisch-fundamentalistische Land. Nicht nur sind diese zwei Länder ideologisch wie auch religiös und politisch geschworene Gegner sondern auch wirtschaftlich zwei Konkurrenzen.

Iran ist islamisch aber bildet eine Minderheit in der islamischen Welt, sie glauben mehrheitlich an eine Art islamischer Dynastie: die Nachfolger des Propheten Mohammed sind seine Verwandten. Die Saudis sind Wahhabiten und glauben fanatisch an die Ursprünge des Islams. Das was man heute in vielen Formen des politisierten Islams kennt, haben ihre Wurzeln in Wahhābīya: Al-Qaida, Taliban, Islamischer Staat (IS), … nicht zuletzt „europäische Salafisten“. Wenn man wahrlich vom islamischen Fundamentalismus sprechen will, dann ist Saudi-Arabien das einzige Land des islamischen Fundamentalismus. Saudi-Arabien existiert erst seit 23. September 1932 mit Unterstützung Großbritanniens als ehemalige Kolonialmacht. Im Gegenteil hat Iran eine lange Geschichte. Die beiden Länder sind wirtschaftliche Konkurrenzen, denn die globale Ölförderung liegt in den Händen von wenigen Ländern, u. a. Saudi-Arabien und Iran.

Nach der sog. islamischen Revolution im Iran sind die Unterschiede zwischen den beiden Ländern ins Lichte gerückt. Vor der Revolution gab es auch Konfliktpotenzial, aber Shah ignorierte und Saudi-Arabien war auf dem Weg des heutigen Reichtums. Die anderen Golfstaaten waren dem Iran gegenüber bis zur Revolution eher neutral und sogar im Geheimen mit Shah gut befreundet, Beispiel dafür ist die militärische Unterstützung Shahs gegen die Rebellen im Oman 1976 oder die Asylgewährung von Shah in Ägypten 1980.

Nun ist Iran Islamische Republik und will seine Revolution exportieren. Die alten Konflikte und Unterschiede zwischen Iran und Saudi-Arabien werden immer mehr plausible: Irak unter Saddam Hussein vor allem mit der Unterstützung Saudi-Arabiens griff militärisch Iran an; die langwierigen Konflikte zwischen den USA und Iran, das internationale Embargo gegen den Iran und nicht zuletzt das Atomprogramm vom Iran sind alle für Saudi-Arabien vorteilshaft gewesen und quasi zugunsten des regionalen Lieblings  der USA wie auch Europas. Billiges Öl und ein unendlich ungesättigter Markt für Waffenindustrie bietet Saudi-Arabien. Seine Petroldollars haben die mörderischen Banden wie Taliban in Afghanistan und „neuerdings“ den islamischen Staat in Irak und Syrien versorgt.

Auf der anderen Seite positioniert sich Iran in der Region massiv und kontinuierlich. In Libanon gestaltet Iran die Innenpolitik wie auch die Politik gegen Israel. Jahrzehnte hat man im Westen sehr naiv die libanesische Hisbollah bewertet als einen Haufen von Selbstmordattentätern; im Gegenteil hat diese Partei einer raffinierten Strategie gefolgt. Heute liegt die Hälfte von Libanon in den Händen von Hisbollah mit einem verflochtenen Netzwerk. Hamas hat sich die Palästinafrage zu Eigen gemacht. Die Gaza-Streifen sind nun mal in den Händen von Hamas und Hamas präsentiert sich als Hauptgegner Israels. Hamas genießt gute Verbindungen zu Teheran.

Der Saudi-Arabiens Wunsch war immer der Absturz des Clans von Assad, nachdem Hafiz-Al-Assad mit Putsch 1970 die Macht in Syrien ergriffen hat. Assad Senior war ein Fuchs in seiner Innenpolitik. Er hat die ethnisch-religiösen Rivalitäten in Syrien perfekt ausgenutzt und nach dem Motto „teile und herrsche“ hat er das Land beherrscht. In dem achtjährigen Krieg zwischen Iran und Irak hat er den Iran unterstützt. Ab dem Datum sind diese Länder verbündeten. Iran hat in dem syrischen Bürgerkrieg seit 2011 die Macht von Bashar Al-Assad garantiert und setzt alles ein, um Assad an der Macht zu halten. Auf der anderen Seite werden die terroristischen Banden wie IS oder Al-Nusra-Front und auch nicht zuletzt FSA (Freie Syrische Armee) von Saudi-Arabien und Golfstaaten finanziert und unterstützt. Interessanterweise hat die Türkei den Hinterhalt der Opposition gegen Assad gebildet. Es ist nicht lange her, als eine Tonaufnahme eines geheimen Telefongesprächs der Führung in Ankara im Internet veröffentlicht wurde, in dem der Chef vom türkischen Geheimdienst ein Szenario gegen Assad und den Einmarsch in Syrien schilderte.

Man darf nicht den geplagten Irak vergessen. In der Tat haben die USA im Irak historisch versagt. In diesem Land wurde keine Demokratie installiert, die Anzahl der Opfer und Getöteten im Irak sind nun mehr als im Krieg. Kaum vergeht ein Tag ohne zivile Opfer. Iran hat sich strategisch im Irak etabliert. Nicht nur die Regierungen im Bagdad, sondern auch die USA wie Europäer haben schon erkannt, dass die Stabilisierung Iraks oder die Bekämpfung IS im Irak ohne Iran nicht möglich ist. In der Tat, wenn Iran militärisch nicht gegen IS operiert hätte, wäre IS jetzt wahrscheinlich vor den Toren Bagdads. Diese Politik tut Iran nicht aus islamischer Brüderlichkeit, die nie existierte, sondern bildet partikular seine langfristige Strategie in der Region.

Ein anderer Streitpunkt zwischen Iran und Saudi-Arabien ist Bahrain. Mehrheitlich sind die Bahrainer Schiiten. Erst 1970 hat Shah die Souveränität des Landes anerkannt. Bis zu diesem Datum war Bahrain unter seiner Herrschaft. Nach 1979 hat islamische Republik Iran diese Vereinbarung zwischen Shah und Isa bin Salman aberkannt. Die Regierung Bahrains liegt in den Händen der sunnitischen Minderheit und bekommt Unterstützung von Saudi-Arabien, zuletzt war die Entsendung von Soldaten und Politzisten für die Niederschlagung der Proteste. Bahrain und Saudi-Arabien haben mehrfach Iran beschuldigt, in Bahrain die Proteste auszusteuern aber bewiesen haben sie noch nicht. Für Saudi-Arabien genauso wie für Iran ist Bahrain strategisch wichtig. Dieses nur aus Inseln bestehende Land ist für Saudis so wichtig, dass die Saudis den König Fahd Damm mit 1,2 Mrd. US Dollar 1986 fertig gebaut haben. Bahrain genießt die Rolle von Las Vegas und dem Vergnügungshaus mit Damen aus Russland, Osteuropa und China für die Gläubigen aus Saudi-Arabien. Für Iran ist Bahrain strategisch wichtig, denn mit einem schiitischen Bahrain sitzt Iran genauso auf der anderen Seite vom persischen Golf wie jetzt mit über Tausende Kilometer nationale Gewässer im Persischen Golf und dem Golf von Oman.

Neben allen weiteren Schauplätzen eskaliert die militärische Auseinandersetzung in Jemen. Jemen ist ein Land mit einer langen Geschichte voller Erobern und Besatzern, unterschiedlichen Konfessionen und Stämmen und bis 1990 geteilt in Süd- und Nordjemen. Die Huthi-Rebellion ist nicht etwas Neues für Jemen, nur was neu ist, ist die Rolle Saudi-Arabiens und Irans in Jemen. Nicht nur Jemen ist ein Grund für Saudi-Arabien eine Koalition mit anderen islamischen aber auch bankrotten Staaten gegen den schiitischen Iran zu bilden, sondern die rasanten Verbesserungen der Beziehung zwischen Teheran und Washington macht den König in Riad Sorgen. Inzwischen ist der zurückhaltende König von Saudi-Arabien König Abdullah tot. In seiner Zeit wurden Meilensteine gelegt, u. a. eine Koexistenz der beiden Länder Iran und Saudi-Arabien in der Region klar gestellt. Der Nachfolger König Salman geht neue aber gefährliche Wege. König Salman weiß genau, dass er nicht in der Lage ist, militärisch alleine den Iran zu schlagen. Die Führung Irans weiß auch genau, dass Iran wirtschaftlich keinen Krieg mehr führen kann. Die Koalitionspartner Saudi-Arabiens sind bankrotte Staaten, die gerne die saudischen Petroldollars kassieren wollen, wie etwa Ägypten, diese Koalition operiert militärisch gegen Huthi-Rebellen, die wiederum vom Iran militärisch unterstützt werden. Iran erkennt zugleich, dass die islamische Republik ohne regionale gehörsame Verbündeten angegriffen werden kann.

Gerade dieses Dilemma auf beiden Seiten macht die Lager gefährlicher, denn die Kriege beginnen nicht immer mit Vorbereitung, sondern oft aus Panik geschlagen zu werden!

In diesen Spannungen nehmen die Konflikte ideologische Züge. Iran ist der größte Exporteur von Melonen nach den arabischen Emiraten. Die sunnitischen Einwohner haben neulich kleine Löcher in den schiitischen Melonen entdeckt, anscheinend haben die iranischen Schiiten vor, mit ihren Melonen die gläubigen Sunniten unfruchtbar zu machen und zu vergiften, deshalb wurden die letzten „ideologischen Melonen“ zurückgeschickt!

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