Der Anspruch war hoch. Anfang April 2013 präsentierte Porsche im südfranzösischen Le Castellet nach 15 Jahren wieder ein eigenes Werksteam. Unter dem Namen “Porsche AG Team Manthey” sollten zwei neue Porsche 911 RSR in der Langstrecken-Weltmeisterschaft (World Endurance Championship) nicht einfach nur mitfahren. Offiziell verlangte zwar niemand einen Titel, doch im Grunde passte etwas anderes kaum zum Ehrgeiz aller Beteiligten. Dem Langenfelder Jörg Bergmeister kam der Plan, ganz vorne mitzumischen, ebenfalls sehr gelegen. Der Werksfahrer hat schließlich ein klares Karriere-Motto: “Ich will jedes Rennen gewinnen. Der Zweite ist der erste Verlierer.” In der Addition ergibt sich für beide Seiten im Herbst 2014 eine bescheidene Bilanz. Porsche dürfte im zweiten WEC-Jahr wieder die meisten Ziele verfehlen – und Bergmeister ist demnach ein “Dauer-Verlierer”. Als bisher beste Resultate dieses Jahres standen drei dritte Plätze in der Bilanz, die nach dem siebten Rennen der Saison in Bahrain nicht besser aussah. Bergmeister und sein österreichischer Teamkollege Richard Lietz mussten sich mit Rang vier begnügen.
“Wir waren nicht ansatzweise auf dem Level, das wir erwartet hatten”, sagte Bergmeister, “wir waren aus irgendeinem Grund nicht richtig konkurrenzfähig.” Das deutete sich bereits im Qualifying an (Zeittraining/entscheidet über die Startaufstellung), weil der Rückstand auf die schnellsten Konkurrenten auf dem 5,407 Kilometer langen Kurs im Königreich am Persischen Golf zu groß war. Vorne setzte ein Aston Martin die Bestzeit von 1:58,805 Minuten, die nicht mal die beiden schnellsten Ferrari erreichen konnten. Hinter einem weiteren Aston Martin folgten Bergmeister/Lietz mit 0,736 Sekunden Rückstand – was weniger als eine Sekunde ist und im Motorsport zumindest eine gefühlte Ewigkeit. Lietz nannte das Grundübel: “Unser Problem ist, dass unsere Reifen sehr stark abbauen.”
Die Strategie, früher als die Konkurrenz zu den ersten Boxenstopps zu kommen, verhalf den Porsche-Fahrern vorübergehend trotzdem zur Führung – bis sich das Blatt nach der ersten Hälfte des Rennens wendete. Vor der letzten Rennstunde lag Richard Lietz auf dem dritten Rang, ehe er das 470 PS starke Dienstauto fürs Finale noch einmal an Jörg Bergmeister übergab, der durch den Wechsel auf den vierten Platz zurückrutschte. Nun begann eine Aufholjagd, die wohl erfolgreich gewesen wäre – wenn es nicht einen unglücklichen Zwischenfall gegeben hätte.
Bergmeister knabberte vom Fünf-Sekunden-Rückstand zu einem Ferrari allmählich Stück für Stück ab. Als er sich gerade intensiv damit beschäftigte, wie und wo das Überholmanöver vielleicht am besten funktionieren könnte, machte ihm ein Prototyp (andere Klasse) einen Strich durch die Rechung. “Er meinte, plötzlich anhalten zu müssen”, berichtete Bergmeister, der wenigstens den direkten Kontakt vermeiden konnte. Dafür musste er jedoch neben die Strecke – und sammelte dort viel Dreck für die Reifen, der die Hoffnung auf das Podium praktisch beendete. “Das ist ärgerlich, wenn man so eine Lücke zugefahren hat”, sagte der Langenfelder, dem letztlich zwei Sekunden zum Podium fehlten.
“Wir haben das Beste aus unserem Paket gemacht”, fand Bergmeister, dem der Teamkollege beipflichtete. “Wir müssen uns keine Vorwürfe machen”, sagte Richard Lietz. Der neue Porsche-Sportchef Dr. Frank-Steffen Walliser bestätigte die Einschätzung: “Das Team und die Fahrer haben aus einer schwierigen Ausgangsposition heraus alles gegeben. Im ersten Stint lagen wir mit unserer Reifenwahl falsch, deshalb hat es nicht zu einer besseren Platzierung gereicht. Die Rennen sind so knapp, dass man selbst die kleinste Fehlentscheidung mit dem größten Einsatz auf der Strecke nicht wettmachen kann. Durch dieses Ergebnis sind unsere Titelchancen deutlich geschrumpft.” Damit kann keiner glücklich sein, weil es einfach nicht zum Anspruch passt.