Aden. Der schwelende Bürgerkrieg im Jemen weitet sich zum internationalen Konflikt aus. Arabische Staaten unter Führung Saudi-Arabiens starteten in der Nacht zum Donnerstag eine Militärintervention zur Unterstützung des Präsidenten Abd-Rabbu Mansur Hadi. Der Iran protestierte scharf gegen die Intervention. Die saudiarabische Luftwaffe flog Angriffe auf Stellungen der Huthi-Milizen, die am Vortag Hadi und Regierungstruppen in der Hafenstadt Aden eingekesselt hatten. Ägypten entsandte Kriegsschiffe in die Region. Die USA und Großbritannien sicherten der vom Königreich angeführten Koalition ihre Unterstützung zu, schlossen eine Beteiligung an den Kämpfen aber aus. Das chinesische Außenministerium zeigte sich besorgt über die Eskalation.
Saudi-Arabien begründete die Einsätze mit dem Schutz der legitimen Regierung im Jemen und schloss nach Angaben aus Regierungskreisen den Einsatz von Bodentruppen nicht aus. Der Iran forderte Saudi-Arabien umgehend auf, die Angriffe sofort einzustellen. “Wir werden alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um die Krise im Jemen unter Kontrolle zu bringen”, warnte Irans Außenminister Mohamed Dschawad Sarif nach einer Meldung der iranischen Studenten-Nachrichtenagentur. Ägypten entsandte nach aus Kreisen der Betreiber des Suez-Kanals vier Kriegsschiffe in den Golf von Aden. Durch die Gewässer vor Jemen wird ein Großteil der weltweiten Ölversorgung transportiert. An den Börsen sorgte die Eskalation für Verunsicherung.
Das sunnitische Saudi-Arabien und der schiitische Iran ringen seit langem um die Vorherrschaft im Nahen und Mittleren Osten. Die Verbindung von politischer Macht und religiöser Zugehörigkeit zeigt sich auch im Jemen. Präsident Hadi steht für den sunnitischen Teil der Bevölkerung, die Huthi-Rebellen zählen zu den Schiiten.
Luftangriffe treffen Flughafen von Sanaa
In der jemenitischen Hauptstadt Sanaa wurde nach Berichten von Anwohnern der zivile Flughafen und der Luftwaffenstützpunkt Dulaimi angriffen. Dem Huthi-Sender Al-Massira zufolge gab es Dutzende Opfer in Wohngebieten. Der TV-Sender rief medizinisches Personal auf, sich sofort in den Krankenhäusern zu melden. Auch im Grenzgebiet griffen Kampflugzeuge Huthi-Stellungen nach Angaben aus Kreisen der Miliz an. Wegen der Offensive wurden die jemenitischen Seehäfen und die Flughäfen im Süden Saudi-Arabiens geschlossen.
Der saudi-arabische Botschafter in den USA, Adel al-Dschubeir, erklärte, die Militäraktion habe mit Luftangriffen begonnen, könne aber ausgeweitet werden. Es sei möglich, dass eine Bodenoffensive nötig sei, sagte auch ein saudiarabischer Insider Reuters. Nach einem Bericht des Senders “Al-Arabija” hat Saudi-Arabien 100 Kampfflugzeuge und 150.000 Soldaten für die Offensive abgestellt. Ägypten, Marokko, Jordanien, der Sudan, Kuwait, die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), Katar und Bahrain stellten Flugzeuge zur Verfügung. Ägypten, Pakistan, Jordanien und der Sudan seien zudem bereit, sich auch an einer Bodenoffensive zu beteiligen, hieß es in dem Bericht.
Nach einer Serie von Niederlagen errangen die Truppen von Präsident Hadi und verbündete Stammeskrieger mit der Rückeroberung des Flughafens von Aden einen ersten Erfolg. Hadis Soldaten hatten am Mittwoch die Kontrolle über den Flughafen der im Süden gelegenen Stadt verloren. Die Huthi-Milizen hatten sich bis auf 20 Kilometer an Aden herangekämpft, die Hafenstadt schien kurz vor dem Fall zu stehen. Ein Berater Hadis sagte am Donnerstag, der Präsident halte sich weiter in Aden auf und sei “guter Dinge”. Hadi hatte in den vergangenen Tagen die arabischen Staaten zur Intervention aufgefordert.
Ein Sprecher der Huthi-Miliz warnte vor dem Ausbruch eines “großen Krieges”. Die saudiarabische Regierung und die Regierungen der Golf-Staaten würden ihre Aggression noch bedauern, sagte das Mitglied des Huthi-Politbüros, Mohammed al-Buchaiti, dem Sender Al-Dschasira. “Das jemenitische Volk ist darauf vorbereitet, auf diese Aggression ohne ausländische Einmischung zu antworten”, sagte ein ranghoher Vertreter der Huthi-Miliz auf die Frage, ob man den Iran um Hilfe bitten werde.
Die Huthi-Milizen haben den überwiegenden Teil des Jemen unter ihre Kontrolle gebracht. Der Iran unterstützt nach Einschätzung westlicher Staaten und Vertretern der jemenitischen Regierung die Rebellen. Die Führung in Teheran erklärte bislang, der Miliz weder finanziell noch militärisch zu helfen.
In Deutschland gab der Dax zu Handelsbeginn wegen des Konflikts nach. Auch in Fernost wurde die Kauflaune getrübt. Am Morgen stieg der Preis für ein Fass Öl der Sorte Brent um vier Cent auf nahezu 59 Dollar. Das Meer vor der Küste Jemens ist eine Schlagader der weltweiten Ölversorgung. Viele Öltanker müssen nach dem Aufnehmen der Ladung in Saudi-Arabien, den VAE, Kuwait oder Irak den Golf von Aden passieren. Mit Saudi-Arabien befindet sich zudem der größte Ölproduzent der Welt in einem neuen militärischen Konflikt, nachdem es sich bereits am Kampf gegen den extremistischen Islamischen Staat (IS) im Irak beteiligt.