Ein saudisches Gericht will den schiitischen Geistlichen Nimr al-Nimr exekutieren lassen. Jetzt könnte es neue Proteste in Saudi-Arabien und Bahrain geben.
In Saudi-Arabien hat ein Gericht den führenden schiitischen Geistlichen Scheich Nimr al-Nimr zum Tode verurteilt. Das teilte dessen Bruder über Twitter mit. Die Staatsanwaltschaft in der Hauptstadt Riad forderte zudem, Al-Nimr nach seiner Enthauptung öffentlich zu kreuzigen.
Die Behörden warfen Al-Nimr vor, den König missachtet, auf
Sicherheitskräfte geschossen, die nationale Einheit untergraben und sich
in die Angelegenheiten eines verbündeten Staates eingemischt zu haben.
Der Verurteilte hatte die politischen Vorwürfe gegen ihn
nie abgestritten, sehr wohl aber, dass er jemals eine Waffe getragen
oder zur Gewalt aufgerufen habe.
Der 54-Jährige war im Juli 2012 auf einer Demonstration für mehr Rechte für die schiitische Minderheit im sunnitisch geprägten Saudi-Arabien angeschossen und festgenommen worden. Vier Einsatzkräfte sagten dabei aus, der Geistliche habe zuerst das Feuer eröffnet. Dessen Verteidiger konnten die vier jedoch nicht ins Kreuzverhör nehmen, weil sie bei der Anhörung der Beamten nicht anwesend waren.
Offenbar Verwandte Al-Nimrs festgenommen
Das drastische Urteil könnte nun
zu erneuten Unruhen in dem Königreich sowie im
benachbarten Bahrain führen, wo Al-Nimr einer der Anführer der
Schiiten-Proteste im Jahr 2011 war. In diesem Jahr sollen bei Demonstrationen bis zu 20 Menschen getötet worden sein. Zwei Schiiten wurden in dem Zusammenhang zum Tode verurteilt. Am Dienstag war es bei
Protesten für den Geistlichen in der Hauptstadt
Manama zu Zusammenstößen zwischen Polizei und Demonstranten gekommen. Die Behörden in Bahrain übermalten umgehend Poster mit dem Konterfei
Al-Nimrs, die dessen schiitische Unterstützer dort an Wände geklebt
hatten.
Die Familie Al-Nimrs sprach von juristischer Willkür. Das Urteil schaffe einen “gefährlichen Präzedenzfall über Jahrzehnte hinaus”, hieß es in einer Erklärung. Zwei Brüder Al-Nimrs wurden nach der Urteilsverkündung offenbar ebenfalls festgenommen. Ein Einspruch gegen das Urteil ist weiterhin möglich.
seems #Nimr al-Nimr’s brother Mohammed has been detained for talking to media and releasing the family statement
#SaudiArabia#نمر_النمر
— Andrew Hammond (@Hammonda1) 15. Oktober 2014
Im vergangenen Jahr wurden in dem streng konservativ
regierten Königreich mehr Menschen hingerichtet als in fast
allen anderen Ländern der Welt. Die meisten Delinquenten wurden
öffentlich enthauptet.
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