Tiefster Stand seit 2003

Der Preis für Öl der führenden Nordseesorte Brent fiel in der Nacht auf Montag zeitweise mehr als vier Prozent und schloss schliesslich um 1,6 Prozent tiefer bei 28,47 Dollar je Barrel (rund 159 Liter). US-Öl gab bis auf 28,36 Dollar pro Fass nach und stand heute am frühen Morgen bei 28,99 Dollar.

Im Vormittagshandel wurde zwar ein kleiner Teil der frühen Verluste wieder ausgleichen. Zuletzt kostete ein Fass Nordsee-Öl der Sorte Brent mit Lieferung im März aber nur 28,52 Dollar und damit 42 Cent weniger als am Freitag. Ein Fass der US-Sorte WTI zur Lieferung im Februar verbilligte sich um 38 Cent auf 29,04 Dollar.

Börsen geben frühe Gewinne ab

Die Preise waren damit so billig wie seit 2003 nicht mehr. Da mit der Aufhebung der Sanktionen der Iran wieder mehr Öl am Weltmarkt verkaufen könne, erhöhe dies den Abwärtsdruck auf die Preise, sagten Analysten. Die Ölpreise sind seit Mitte 2014 um 75 Prozent eingebrochen, seit Anfang 2016 um über 25 Prozent. Grund sind ein Überangebot und eine zugleich sinkende Nachfrage wegen trüber Konjunkturaussichten.

Der Leitindex der Tokioter Börse, der Nikkei 225, schloss heute 1,12 Prozent tiefer als am Freitag, in China stiegen die Kurse hingegen leicht. Auch die europäischen Börsen eröffneten den Handel mit leichten Gewinnen. Der Schweizer SMI begann mit einem Plus von 0,4 Prozent und baute die Gewinne kurz darauf auf 1 Prozent aus. In ähnlichem Ausmass stieg der deutsche Dax. Kurz vor dem Mittag befanden sich die meisten Indizes aber wieder knapp im roten Bereich.

Markt erwartet mehr iranisches Öl

Zum Wochenauftakt kommt der entscheidende Impuls für den Handel am Ölmarkt durch das Ende der Wirtschaftssanktionen gegen den Iran. Wegen der deutlichen Verringerung seines Atomprogramms hat das wichtige Mitgliedsland der Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec) den Weg für ein Ende der Wirtschaftssanktionen frei gemacht.

Mit der Aufhebung der Sanktionen darf das islamische Land wieder Öl und Gas in die EU exportieren. Für den Markt hat das Ende der Sanktionen gegen den Iran eine grosse Bedeutung, weil das ölreiche Land bereits angekündigt hat, seine Rohölausfuhren um etwa 500’000 Barrel pro Tag hochzufahren.

Überproduktion

Schon jetzt lastet ein zu hohes Angebot auf den Ölpreisen. Vor allem die Opec hat zur Talfahrt der Notierungen beigetragen. Saudiarabien verfolgt als führendes Mitglied des Kartells die Strategie, Marktanteile zu verteidigen und Konkurrenten in den USA und Russland durch immer niedrigere Ölpreise aus dem Markt zu drängen.

«Momentan fördert die Opec gut eine Million Barrel pro Tag mehr Rohöl als vom Markt benötigt wird», schätzte Rohstoffexperte Eugen Weinberg von der deutschen Commerzbank. Ausserdem verschärfen sowohl die Schieferölproduktion in den USA als auch eine Ausweitung der russischen Fördermengen auf das höchste Niveau seit dem Ende der Sowjetunion die Lage auf dem Ölmarkt.

China belastet Ölpreis

Zuletzt hatte auch die Furcht der Anleger vor einem Abflauen der Konjunktur in China die Ölpreise belastet. Nach einer Reihe von schwachen Wirtschaftsdaten und heftigen Turbulenzen an den chinesischen Finanzmärkten habe sich die Sorge vor einer schwächeren Rohöl-Nachfrage in der zweitgrössten Volkswirtschaft der Welt verstärkt, sagte Weinberg.

«China war in den vergangenen Jahren immerhin für etwa ein Drittel des Anstiegs der weltweiten Ölnachfrage verantwortlich», sagte der Commerzbank-Experte.

Der Preis für Opec-Rohöl fällt ebenfalls immer weiter. Am Montag teilte das Opec-Sekretariat mit, dass der Korbpreis am Freitag 24,74 US-Dollar pro Barrel betragen habe. Das waren 26 Cent weniger als am Vortag. Opec-Rohöl ist damit ebenfalls so günstig wie seit mehr als zwölf Jahren nicht mehr. Die Opec berechnet ihren Korbpreis auf Basis der zwölf wichtigsten Sorten des Kartells.

Öl wichtiges Thema am WEF

Der dramatische Rückgang der Ölpreise wird auch am Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos zur Sprache kommen. Zwar wird Treibstoff dadurch für Verbraucher und Unternehmen billiger, doch gehen zugleich im Energiesektor Tausende Arbeitsplätze verloren.

In ölexportierenden Ländern wie Russland und Venezuela führt der Preisverfall zu finanzieller Instabilität und Armut. Und nach der Aufhebung der Wirtschaftssanktionen gegen Teheran wird der Iran Millionen Barrel Öl zusätzlich in den ohnehin von einem Überangebot geprägten Markt pumpen. Darüber hinaus ist der Iran nun auch wieder für Geschäftsabschlüsse interessant.

(chi/sda)

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