Saudi-Arabien hat 47 Menschen wegen Terrordelikten exekutiert. Bis auf einen Ägypter und
einen Tschader waren alle Saudi-Araber. Wie die offizielle saudische
Nachrichtenagentur SPA meldete, wurden die Todesstrafen wegen Terrorismus und
Anstiftung zur Gewalt vollstreckt. Der Großteil der Hingerichteten sei wegen
Beteiligung an Anschlägen der Islamisten-Organisation Al-Kaida in den Jahren
von 2003 bis 2006 zum Tode verurteilt worden, teilte das Innenministerium
mit.
Unter anderem wurde der inhaftierte prominente schiitische, geistliche
Scheich Nimr Baker al-Nimr exekutiert, wie das Innenministerium mitteilte.
Al-Nimr hatte zu den Anführern der Schiiten-Proteste im Osten des Königreichs
gehört, die im Zuge des Arabischen Frühlings 2011 ausgebrochen waren.
Al-Nimr war ein entschiedener Gegner des sunnitischen Königshauses in Riad.
Er hatte während der Proteste des Arabischen Frühlings 2011 die Abspaltung der mehrheitlich schiitischen
Regionen Katif und Al-Ihsaa im Osten des Landes befürwortet. Vor einem Jahr
wurde er wegen Aufwiegelung, Ungehorsams und Waffenbesitzes von einem
Sondertribunal zum Tode verurteilt. Ende Oktober wurde das Todesurteil vom
Obersten Gerichtshof Saudi-Arabiens bestätigt.
Harsche Kritik aus Iran
Die Hinrichtung Nimr al-Nimrs löste im
Golfstaat Bahrain heftige Proteste aus. Dabei feuerte die
Polizei in dem Ort Abu-Saiba westlich der Hauptstadt Manama
Augenzeugen zufolge Tränengas auf Dutzende
Demonstranten ab. Die aufgebrachte Menge hielt Bilder des
getöteten Geistlichen Nimr al-Nimr in die Höhe.
Schiiten-Vertreter hatten zu Protesten in dem von Sunniten
regierten Königreich aufgerufen. In anderen Ländern in der
Region sorgte die Hinrichtung ebenfalls für Wut und Empörung. Der
schiitisch dominierte Iran warf Saudi-Arabien vor, Terroristen
und sunnitische Extremisten zu unterstützen. Das iranischen Außenministerium erklärte, die Vollstreckung zeige “Unvorsichtigkeit und Unverantwortlichkeit”.
Der Iran hatte die Regierung in Riad vor der Hinrichtung Al-Nimrs gewarnt. Sollte das
Todesurteil gegen den Geistlichen vollstreckt werden, werde Saudi-Arabien einen
“hohen Preis zahlen”, sagte der iranische Vizeaußenminister Hossein
Amir-Abdollahian. Die
meisten der rund zwei Millionen saudi-arabischen Schiiten leben im Osten des
Landes. Die schiitische Minderheit klagt seit Langem über religiöse und soziale
Diskriminierung durch das wahhabitische Herrscherhaus.
Grüne und Linke verurteilen Hinrichtungen
Kritik kam auch aus Deutschland. Grüne und Linkspartei forderten einen Abbruch der Zusammenarbeit der
Bundesregierung mit dem saudischen Königshaus. Die Exekutionen
seien “der letzte Weckruf”, die Partnerschaft mit einem Staat zu
beenden, “dessen Praktiken sich vom sogenannten Islamischen Staat kaum
unterscheiden”, sagte der außenpolitische Sprecher der
Grünen-Bundestagsfraktion Omid Nouripour in Berlin. Die
Linken-Außenpolitikerin Sevim Dagdelen nannte die deutschen
Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien angesichts der dortigen
Menschenrechtslage “eine moralische Bankrotterklärung der
Bundesregierung”. In dem Königreich stehe “die Unterdrückung
Andersdenkender und der schiitischen Minderheit auf der Tagesordnung”,
sagte Dagdelen.
Vor allem die Exekution
des schiitischen Geistlichen Nimr Bakr al-Nimr komme Dagdelen zufolge einer
“Kriegserklärung an die schiitische Minderheit im Land” gleich. Diese “Massenhinrichtungen a la IS” gefährdeten den
Frieden in der gesamten Region. Der Grünen-Außenexperte Nouripour
sagte, die Hinrichtung prominenter Minderheitenvertreter durch
Saudi-Arabien zeuge “von einer Panik, die die These der Bundesregierung
von einem ‘Stabilitätspartner’ schlicht verspottet”.
Das ultrakonservative Königreich Saudi-Arabien
hatte 2015 laut Menschenrechtlern so viele Todesurteile vollstreckt wie seit 20
Jahren nicht mehr. 153 Menschen wurden dort im vergangenen Jahr laut einer Zählung
der Nachrichtenagentur AFP hingerichtet. Im gesamten Jahr 2014 waren laut Amnesty 90 Menschen
hingerichtet worden.
Der Anstieg der Zahl von Hinrichtungen geht einher mit der Machtübernahme von
König Salman. Er war Ende Januar nach dem Tod seines Vorgängers Abdullah auf
den Thron gestiegen. Amnesty kritisierte, Saudi-Arabien setze das Todesurteil
auch als politisches Instrument gegen die schiitische Minderheit ein.
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