Der Vorsitzende der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Dr. Ludwig Schick (Bamberg), hat gestern (8. Februar 2016) seine achttägige Reise auf die Arabische Halbinsel beendet. In den Ländern Katar, Bahrain, Vereinigte Arabische Emirate und Oman besuchte er die beiden katholischen Bischöfe und mehrere Pfarreien. Außerdem führte er Gespräche mit Vertretern der Politik, Repräsentanten des Islam und Verantwortlichen nichtstaatlicher Organisationen. Erzbischof Schick zog nach der Rückkehr eine positive Bilanz seiner Reise. Ein geplanter Besuch in Saudi Arabien konnte nicht stattfinden, da von den saudischen Behörden kein Visum erteilt wurde.
Ziel der Reise war es, die Situation der Christen in den Golfstaaten besser kennenzulernen und Solidarität mit den Ortskirchen dort zu zeigen. „Ich habe in den Golfstaaten eine lebendige, junge und selbstbewusste Diasporakirche kennengelernt“, so der Erzbischof. „Sie gibt den Katholiken Heimat in der Fremde und bietet ein hilfreiches Netzwerk im täglichen Leben.“ In Oman stellen Christen mittlerweile drei Prozent, in Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten neun Prozent, in Bahrain sogar 15 Prozent der Bevölkerung. Die Kirche besteht fast ausschließlich aus Arbeitsmigranten, die sich einige Jahre in den Ländern auf der Arabischen Halbinsel aufhalten und sie anschließend wieder verlassen müssen. Die Mehrheit der Christen stammt aus Indien und von den Philippinen.
Migranten machen in Bahrain, Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten einen Großteil der Bevölkerung aus. In Dubai sind es bis zu 80 Prozent. Ihre Integration wird dabei weder von den Regierungen noch von der arabischen Bevölkerung gewünscht. „Gastarbeiter und Einheimische leben in getrennten Welten. Die wesentlichen Bürgerrechte bleiben den Staatsbürgern vorbehalten. Die Lebenssituation und die Rechtsstellung der Zuwanderer sind fragil. Die Staatsbürgerschaft können sie nicht erwerben“, stellt Erzbischof Schick fest. „Ohne die Menschen aus allen Teilen der Welt wäre ein so hoher Lebensstandard für die Einheimischen am Arabischen Golf nicht möglich.“ Zu den Schattenseiten des wirtschaftlichen Booms in den Ölstaaten, von dem die reichen Industriestaaten, auch Deutschland, profitieren, gehören vor allem Fälle von Ausbeutung im Bau- und Dienstleistungssektor, die zunehmend internationale Aufmerksamkeit finden. Arbeiter werden unregelmäßig bezahlt, menschenunwürdig untergebracht, Pässe einbehalten, manche Hausangestellte sind sexuellen Übergriffen ausgesetzt. Erzbischof Schick: „Hier besteht dringender Handlungsbedarf. Auch viele Firmen und Regierungsverantwortliche erkennen inzwischen, dass sich etwas ändern muss.“
In keinem der besuchten Länder herrscht Religionsfreiheit im Sinne der Internationalen Menschenrechtskonvention. In allen Staaten auf der Arabischen Halbinsel mit Ausnahme Saudi Arabiens gibt es Kirchen und für die Kinder der Gastarbeiter auch katholische Schulen. Das Kirchen- und Gemeindeleben gestaltet sich um die Feier der Eucharistie herum, die von vielen Katholiken besucht wird, wann immer es möglich ist. Da der Freitag arbeitsfrei ist, feiern die Christen an diesem Tag ihren Sonntag. Für den Kirchenbau sowie die Errichtung katholischer Schulen seien gute Beziehungen zum jeweiligen Herrscherhaus notwendig, da Bauland von den Regierungen zugeteilt werde, so Erzbischof Schick. Kirchen und Gemeindezentren der verschiedenen Konfessionen seien häufig in räumlicher Nähe zueinander am Stadtrand in einem abgeriegelten „Kirchenzentrum“ errichtet: „Sie sind weder durch Kreuze noch durch Türme als Gotteshäuser erkennbar. Unter Muslimen für den christlichen Glauben zu werben, ist streng verboten, Konversionen zum Christentum sind nicht möglich. Mich hat sehr beeindruckt, dass die Christen trotz der Einschränkungen von ihrem Glauben Zeugnis geben und lebendige Kirchengemeinden bilden. Die Ortskirchen nutzen selbstbewusst, engagiert und beharrlich jene Möglichkeiten, die sich ihnen bieten“, so Erzbischof Schick.
Bei Gesprächen mit den für die Arabische Halbinsel zuständigen Bischöfen Camillo Ballin MCCJ und Paul Hinder OFMCap informierte sich Erzbischof Schick über die pastorale Situation. „In den Gottesdiensten mit mehreren Tausend Teilnehmern ist mir noch einmal bewusst geworden, dass ‚katholisch‘ ‚weltumfassend‘ bedeutet und Christus Weg, Wahrheit und Leben für die Menschen in jeder Situation bedeutet.“ In der Kathedrale von Abu Dhabi finden jedes Wochenende 35 Gottesdienste statt, die in zwölf verschiedenen Sprachen gefeiert werden. In Dubai, bei einem Besuch in der wahrscheinlich größten Pfarrei der Welt (Schätzungen gehen von 100.000 bis zu mehr als 300.000 Katholiken aus) konnte Erzbischof Schick erleben, dass viele Migranten in den katholischen Pfarreien eine Heimat auf Zeit gefunden haben.
Die Reise stand auch im Zeichen einer Intensivierung der Beziehungen zu Vertretern des Islam. Im „Centre for Interfaith Dialogue“ in Katar regte Erzbischof Schick an: „Die Gespräche zwischen den Religionen sollten nicht nur auf akademischen Konferenzen geführt werden. Wir brauchen auch die Begegnung der Gläubigen im Alltag.“ Das Zusammenleben der Religionen war auch Thema während der Gespräche mit den für religiöse Angelegenheiten zuständigen Ministern von Katar, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Oman. Scheich Dr. Ghaith Bin Mubarak Al-Kuwari aus Katar verdeutlichte: „Die Religionen bilden die Basis unserer Werte und wir können diese durch den interreligiösen Dialog bestärken.“
(Quelle: Pressemitteilung DBK)