Siebenmal saß der Menschenrechtsaktivist Sayed Yusuf al-Muhafdha schon im Gefängnis, mehrmals wurde er gefoltert. Das Regime im Königreich Bahrain geht rigoros gegen Dissidenten wie ihn vor. Wer via Internet Kritisches über die Obrigkeit veröffentlicht, muss in dem Golfstaat damit rechnen, dass er bald darauf Besuch von Sicherheitskräften bekommt. Das Regime späht systematisch die Kommunikationsdaten seiner Bürger aus.
Aber woher kommt die Technik, die dafür notwendig ist? „Aus der EU“, sagt Muhafdha bei einer Pressekonferenz in Berlin, wo er seit seiner Flucht im Exil lebt. Besonders Deutschland sei ein wichtiger Exporteur von Überwachungstechnologie. Gemeinsam mit einem Bündnis mehrerer Bürgerrechtsorganisationen – darunter Reporter ohne Grenzen, Human Rights Watch und die Digitale Gesellschaft – will sich der Blogger aus Bahrain nun dafür einsetzen, dass solche Technik künftig nicht mehr an autoritäre Staaten geliefert wird. Zu schmerzhaft seien die Erfahrungen gewesen, die er in seiner Heimat habe machen müssen. Die vom Staat eingesetzte Überwachungstechnik habe seine Arbeit, die darin bestand, Menschenrechtsverstöße zu dokumentieren, unmöglich gemacht. „Alle meine Mails und Telefonate wurden ausspioniert“, erzählt Muhafdha. Wenn sich Informanten bei ihm gemeldet hätten, seien diese wenig später ebenfalls eingesperrt und gefoltert worden.
„In immer mehr repressiven Staaten müssen Journalisten und Blogger mit Haft rechnen oder wagen keine Kritik mehr, weil Sicherheitsbehörden sie mithilfe westlicher Überwachungstechnik ausforschen und einschüchtern“, bestätigt Christian Mihr, Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen. So etwa im Iran, in Turkmenistan, Äthiopien und Bahrain. Effektive Ausfuhrkontrollen für die entsprechenden Produkte gebe es nicht.
Mehrere Firmen, die diese Programme herstellen, hätten ihren Sitz in Deutschland, sagt Alexander Sander, Geschäftsführer der Digitalen Gesellschaft. Die würden sich stets herausreden, indem sie behaupteten, ihre Produkte dienten lediglich der Bekämpfung des Terrorismus und schwerer Kriminalität. Als Beispiel nennt er die Gamma Group in München, zu deren Kunden auch die Bundesregierung zählt. Zu den gefragtesten Produkten des Unternehmens zählt die Spähsoftware „Finfisher“. Spuren des Programms wurden bereits in E-Mail-Anhängen von Oppositionellen in Bahrain entdeckt. Offenbar sollten sie mit der deutschen Technik überwacht werden. Die Erklärung der Gamma Group: Eine Vorführversion für Kunden sei während einer Messe gestohlen worden.
„Das ist Quatsch“, sagt Christian Mihr. Die Struktur der Software sei viel zu komplex, um sie einfach so während einer Messe zu stehlen.
Mihr fordert die Politik auf, schnell zu handeln und die Exporte der Softwarefirmen strikten Kontrollen zu unterwerfen.
Tatsächlich gibt es Bewegung auf politischer Ebene. Die 41 Mitgliedsstaaten des Wassenaar-Abkommens für Rüstungsexportkontrolle haben sich Ende 2013 darauf geeinigt, auch Spähsoftware in die Liste der zu regulierenden Güter aufzunehmen. Zu den Unterzeichnern des Abkommens gehört auch Deutschland
.