Unruhen in Bahrain: Wann interveniert Iran?

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Die Opposition Bahrains trauert um einen ihrer Angehörigen. Schätzungen zufolge hat die Niederschlagung des Aufstands auf dem etwa 570.000 einheimischen Bevölkerung zählenden Inselstaat bereits mehr als 122 Menschenleben gefordert. Wann wird die Opposition – ähnlich wie die syrische – militarisiert?

Seit 2011 kommt im Zuge des „Arabischen Frühlings“ die ehemalige britische Kolonie und das einstige Hinterland Persiens, Bahrain, nicht zur Ruhe. Nun gab die bahrainische Tamarod-Bewegung am 7. Juli ihr erstes Kommunique heraus, worin die Inselbewohner zu Massendemonstrationen gegen die aktuelle Herrschaftssituation am 14. August, den Unabhängigkeitstag, aufgerufen werden. Die bahrainische Tamarod-Bewegung versucht am Erfolg ihres Vorläufers in Ägypten anzuknüpfen, der den Präsidenten Mohammed Mursi mit Hilfe des Militärs erfolgreich absetzte.

Allerdings herrscht in Bahrain – anders als in Ägypten, wo es mehrere Machtzentren gibt und der Präsident vom Volk gewählt wurde – eine quasi absolutistische Monarchie und keine demokratisch gewählte Regierungsinstanz. Die Königsfamilie Al-Khalifa zieht seit 230 Jahren – darunter die meiste Zeit unter der Ägide des britischen Protektorats – die Fäden des Inselstaats. Der derzeitige König Hamad Al Khalifa ist Befehlshaber der Streitkräfte, er ernennt die Richter, den Regierungschef und seine Minister sowie die Mitglieder des Oberhauses, und er hat die Befugnis, die einzige vom Volk gewählte Institution, das Unterhaus, aufzulösen. Premierminister des Landes ist seit 42 Jahren Khalifa Al Khalifa und ist somit der am längsten amtierende Premierminister der Welt.

Die westliche Politik gegenüber der seit 2 Jahren anhaltenden „Arabellion“ in Bahrain ist unmissverständlich. Jede Reformankündigung aus der Hauptstadt Manama wird als wichtiger Fortschritt des Landes auf dem Weg zur Demokratie gepriesen, und andererseits wird die Opposition zur Geduld ermahnt. Zum Vergleich wurden und werden demgegenüber die Reformbemühungen des syrischen Regimes um Präsident Bashar Al-Assad – die bisher weitreichender waren als die in Bahrain – von den westlichen Führern als Kosmetik und Ablenkungsmanöver hingestellt oder einfach halber ignoriert.

Diese scheinbare Diskrepanz in der westlichen Handlungslogik ist machtpolitisch begründet. Das Regime von Bashar Al-Assad ist Verbündeter der Islamischen Republik Iran, und man will es daher zumindest schwächen, damit es als effektiver Bündnispartner Teherans ausfällt. Die herrschende Familiendynastie in Manama ist hingegen einer der engsten Verbündeten am Persischen Golf, im Gegensatz dazu wird die Opposition gegen sie als fünfte Kolonne Irans bewertet. Die Bahrainer sind in ihrer absoluten Majorität Schiiten.

So geschieht es, dass der Westen auf der einen Seite ein Regime unverzüglich mit Sanktionen belegt und die entsprechende Fundamentalopposition nicht nur unterstützt, sondern auch bewaffnet, und auf der anderen Seite hofiert er bis heute eine Herrscherclique, die nicht halb so reformwillig ist wie ihr Pendant in Syrien, und ruft die entsprechende Opposition zur Zurückhaltung auf.

Was ist aber die Haltung der Islamischen Republik Iran hinsichtlich der Unruhen in Bahrain? Gibt es Unterschiede und Gemeinsamkeiten zu ihrer Syrien-Politik? Ist die iranische Außenpolitik divergierend zu beiden Ländern und auf diese Weise doppelmoralisch wie die westliche Politik?

Erst einmal fällt auf, dass die iranischen Führer – konträr zu ihren westlichen Amtskollegen bezüglich Syrien – nie zum Sturz des Regimes in Bahrain aufgerufen haben. Ebenfalls hat die Führung in Teheran nicht – wie die westlichen Großmächte bezüglich Assad – Khalifa je zum Rücktritt aufgefordert. Im Gegenteil rufen sie den Staat Bahrain – wie den syrische Staat – zu demokratischen Reformen auf. In diesem Sinne ist kein prinzipieller Unterschied in der iranischen Politik in puncto Bahrain und Syrien festzustellen, allenfalls eine Differenz in der Rhetorik, die daraus resultiert, dass man dem syrischen Baath-Regime ernsthaften Reformwillen zutraut und attestiert, aber der bahrainischen Monarchie nicht.

Ungleich als in Syrien, ist aber die iranische Außenpolitik betreffs Bahrain apathisch und passiv. Der Grund dafür ist, dass die Machthaber in Damaskus selbst die iranischen Vermittlungsbemühungen und die Intervention durch die Hisbollah am syrischen Geschehen befürworten. Im Gegensatz dazu ruft sogar die schiitische Opposition in Bahrain nicht zur Vermittlung und Intervention Teherans auf – geschweige denn das arabische Königshaus. Hintergrund ist, dass das Regime von Manama der Opposition stets vorwirft, im Auftrag Irans zu handeln, daher agiert die Opposition übervorsichtig im Bezug auf alles, was in Richtung Teheran zeigen könnte, um keine Vorwände für stärkere Schikanen und weitere staatsmediale Diffamierungen zu liefern. Auch die vom König ernannte Untersuchungskommission kommt zum Ergebnis, dass die Islamische Republik bisher der Opposition keinerlei Unterstützung zukommen ließ und sie bislang keine Rolle im innerbahrainischen Konflikt gespielt habe.

In diesem Kontext sagte das religiös-politische Staatsoberhaupt Ayatollah Ali Khamenei, dass die Situation in Bahrain anders und zugunsten der Opposition ausgefallen wäre, falls Teheran in der einen oder anderen Art interveniert hätte. Eine Folge der iranischen Zurückhaltung in Bahrain ist, dass der dortige Konflikt nicht zu einem Bürgerkrieg ausgeartet ist, wie in Syrien. Die Frage ist nun, ob dies auch nach dem 14. August so bleibt oder ob die bahrainische Opposition beginnt, die syrische Opposition nachzuahmen und ausländische Mächte wie Teheran oder die Hezbollah um Hilfe bittet.


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