Trotz des erfreulichen sechsten Platzes für Jenson Button beim Großen Preis von Belgien ist und bleibt die Saison 2013 für McLaren eine zum Vergessen. Seit vielen Jahren stand das Traditionsteam aus Woking nicht mehr so hilflos und schlecht im Vergleich zur Spitze da wie aktuell. Teamchef Martin Whitmarsh weiß, dass man im Team an gewissen Stellen zu aggressiv entwickelt hat, will aber niemanden beschuldigen. Stattdessen blickt er nach vorn, hofft noch immer auf Podiumsplatzierungen und spricht über seinen kuriosen Saisonhöhepunkt.
“Das Saisonhighlight war merkwürdigerweise Bahrain, wo unsere Jungs sich gegenseitig die Hölle heiß gemacht haben und versuchten, sich gegenseitig von der Bahn zu räumen”, erklärt Whitmarsh – selbst etwas überrascht – gegenüber ‘Formula1.com’. Jenson Button und Sergio Perez waren wiederholt auf der Strecke aneinander geraten und kämpften am absoluten Limit bis auf den letzten Zentimeter. Glücklicherweise aus McLaren-Sicht ging das Duell für beide glimpflich aus.
Wohl auch deshalb hat Whitmarsh den Zweikampf seiner Fahrer genossen: “Ich war voller Adrenalin. Ich hatte das Gefühl, wir würden endlich Rennen fahren, wenn auch nur gegeneinander. Es ist ein Höhepunkt, wenn man denkt: ‘Das sieht spannend aus.’ Auch wenn es dann in einer Katastrophe endet.” Und tatsächlich war es das wohl spannendste Duell, was sich McLaren in diesem Jahr auf der Strecke lieferte. Denn die Spitze ist nach wie vor noch einen Schritt voraus, wenngleich Button den Abstand in Spa-Francorchamps auch verringern konnte.
Podiumsplatzierungen als Minimalziel
So hofft Whitmarsh zunächst einmal, in der Konstrukteurswertung am Ende der Saison vor Force India zu stehen. Trotzdem glaubt der Brite auch noch an höhere Ziele: “Ich würde gern noch ein paar Podiumsplatzierungen bis zum Saisonende holen. Das wäre das Minimum.” McLaren bremst damit die eigenen Ambitionen etwas ein, nach denen man in dieser Saison noch gewinnen wollte (wie man noch vor einigen Wochen stets betont hatte).
Whitmarsh hofft deshalb, in den kommenden Rennen zunächst weitere Fortschritte machen zu können, weil er weiß, dass es “keine plötzliche Änderung geben wird, die uns nach vorn katapultieren wird.” Sein realistisches Ziel lautet daher für den Rest dieser gebrauchten Saison: “Zumindest ein respektables Level an Wettbewerbsfähigkeit erreichen – etwas, das wir seit Saisonbeginn noch nicht erlebt haben”, so der Teamchef.
Der Grund für das wenig konkurrenzfähige Auto sei eine etwas zu ambitionierte Entwicklung gewesen: “Wir waren zu aggressiv bei der Höhe der Nase, bei der Konfiguration der Front- und Heckaufhängung, bei der Karosserie und beim Layout des Auspuffs. Kurz gesagt: Wir haben zu viele Dinge getan, die von dem Auto abweichen, das vor neun oder zehn Monaten noch das schnellste im ganzen Feld war”, bedauert der 55-Jährige.
Whitmarsh stellt sich vor sein Team
Verantwortung für diese Fehler will Whitmarsh aber ausschließlich selbst übernehmen: “Wir sind ein Team und am Ende nehme ich die Schuld dafür auf mich – das ist mein Job.” Es sei nicht seine Art, einzelne Leute öffentlich herauszupicken, wenn es mal nicht läuft. Andersherum, also wenn es gut läuft, sei das hingegen völlig okay: “Ich nenne gerne Namen, wenn wir Erfolg haben, und gebe jemandem die Möglichkeit, mit auf das Podium zu steigen.” Nun, da es weniger gut läuft, müsse er aber ebenso die Verantwortung dafür übernehmen.
Das Wort ‘Fehler’ gehöre übrigens nicht erst seit dieser Saison zum Vokabular von McLaren, erklärt Whitmarsh: “Es gehört sicherlich schon seit einigen Jahren dazu. Wenn wir etwas falsch machen, verstecken wir uns nicht davor. Wir selbst sind unsere schärfsten Kritiker.” Trotzdem sei diese Saison natürlich eine Zeit, in der mehr Fehler als gewöhnlich aufgetreten sind: “Es ist eine ungewohnte Situation, weil wir in den vergangenen zehn Jahren immer um Siege und gegen Ende der Saison sogar um die Meisterschaft gekämpft haben”, erinnert sich Whitmarsh. Dazu dürfte es in dieser Saison nicht mehr kommen.