Alexander Wurz hängt seinen Helm an den Nagel. Wie der ehemalige Formel-1 und aktuelle Langstrecken-WM-Pilot auf seiner Website bekanntgab, wird er seine Karriere als Rennfahrer nach dem WEC-Saisonfinale am 21. November in Bahrain im Alter von 40 Jahren beenden. “Nach zwölf Jahren als Rennfahrer und dritter Fahrer in der Formel 1 hatte ich das Glück, weitere acht Saisonen lang meine Leidenschaft für die Le-Mans-Prototypen ausleben zu können”, schreibt Wurz dort.
“Das bedeutet, dass ich die Hälfte meines Lebens im Spitzenmotorsport verbracht habe. Ein weiteres Viertel habe ich für den Weg dorthin gebraucht. Daher glaube ich, ist es nun die Zeit gekommen, ‘Auf Wiedersehen!’ zu sagen und meine Karriere als professioneller Rennfahrer zu beenden”, so Wurz weiter.
Wurz kann auf eine lange und erfolgreiche Karriere im Profisport zurückblicken, die er zunächst im Radsport als BMX-Weltmeister begann. Im Motorsport folgte Anfang der 90er Jahre der klassische Aufstieg über Kart, Formel Ford und die Formel 3 – unvergessen ist aus dieser Zeit das Formel-3-Rennen auf der Berliner AVUS, bei dem Wurz in Führung liegend von einem Streckensicherungsfahrzeug abgeschossen wurde.
Mit 22 Jahren jüngster Le-Mans-Sieger
Vor dem Wechsel in die Formel 1 nahm Wurz 1996 zum ersten Mal an den 24 Stunden von Le Mans teil, die er auf Anhieb zusammen mit Davy Jones und Manuel Reuter auf einem von Joest eingesetzten Porsche als bisher jüngster Fahrer gewann. Nachdem er vom Benetton-Team zunächst als Formel-1-Testfahrer verpflichtet worden war, debütierte er in der Saison 1997 beim Grand Prix von Kanada als Ersatzmann des erkrankten Stammfahrers Gerhard Berger. Bereits bei seinem dritten Grand Prix fuhr Wurz 1997 in Silverstone als Dritter aufs Podium.
Nach vier Jahren bei Benetton wechselte Wurz 2001 zu McLaren, wo er die Rolle des Test- und Ersatzfahrers einnahm. In dieser Funktion vertrat er 2005 Juan Pablo Montoya beim Grand Prix von San Marino, wo er als Dritter das zweite Podiumsresultat seiner Formel-1-Karriere erreichte. 2006 wechselte der Österreicher zu Williams. Nach einer weiteren Saison als Test- und Ersatzfahrer, in der er ohne ein Rennen gefahren zu sein von der OSK zum “Motorsportler des Jahres” gekürt wurde, wurde er 2007 zum Williams-Stammfahrer befördert, nahm am Ende des Jahres aber nach 69 Grand-Prix-Starts seinen Abschied.
Im Anschluss wechselte Wurz zu den Sportprototypen, wo er zunächst für Peugeot an den Start ging. 2009 feierte er mit David Brabham und Marc Gené seinen zweiten Gesamtsieg in Le Mans und durchbrach damit die Siegesserie von Audi. Ab 2012 fuhr Wurz für Toyota. Parallel war er auch weiter in der Formel 1 tätig: Als Fahrermentor bei Williams, als zeitweiser ORF-Co-Moderator sowie als Vorsitzender der Fahrervereinigung GPDA.
Erfolge in der Formel 1 und im LMP1
“Es gibt vieles, für das ich dankbar bin und auf das ich stolz sein kann”, blickt Wurz auf seine Karriere zurück. “Meine beiden Le-Mans-Siege sind etwas ganz Besonderes und werden mir ebenso wie mein dritter Platz in der Formel 1 in Silverstone immer in Erinnerung bleiben. In der Formel 1 hatte ich das Privileg, für Spitzenteams wie Benetton, McLaren und Williams zu fahren und einige Pokale für ihre Vitrinen beizusteuern. Ich habe es geliebt, bei der Test- und Entwicklungsarbeit in enger Zusammenarbeit mit den Ingenieuren nach mehr Performance zu suchen.”
“In der LMP1 habe ich epische Schlachten und niederschmetternde Ausfälle erlebt. Das Podium in Le Mans ist durch nichts zu schlagen, aber die 12 Stunden von Sebring, das Petit Le Mans und das erste WEC-Rennen für Toyota zu gewinnen, waren auch etwas ganz Besonderes”, erinnert sich Wurz an seine wichtigsten Siege.
“Langstreckenrennen, vor allem Le Mans, sind die wohl größte Herausforderung im Sport. Ich habe die meisten der 24-Stunden-Rennen von Le Mans, an denen ich teilgenommen habe, angeführt. Aber nach 15 Stunden in Führung liegend im vergangenen Jahr auszufallen, war das härteste überhaupt”, sagt Wurz. Dieser Ausfall durch einen technischen Defekt und die damit verbundene Enttäuschung seien für ihn der Anfang vom Ende seiner Fahrerkarriere gewesen.
Le-Mans-Ausfall 2014 war der Knackpunkt
“Ich hatte 2014 so viel Mühe in die Vorbereitung investiert, dass es mir nach dem Ausfall schwer fiel, weiterzumachen. In früheren Jahren haben mich Niederlagen stärker gemacht, danach wollte ich zurückschlagen. Damals jedoch nicht”, sagt Wurz. “Das war der Moment, in dem ich wusste, dass meine Zeit an der Spitze auf ihr natürliches Ende zusteuert. Dieses Ende wird nun bei den 6 Stunden von Bahrain kommen.”
Sein aktuelles LMP1-Team verabschiedet den Österreicher mit Wehmut und Dankbarkeit. “Alex war seit dem Beginn im Jahr 2011 ein wichtiger Teil unseres Teams. Wir haben zusammen fantastische Momente erlebt. Den ersten Sieg in São Paulo wird wohl keiner im Team so schnell vergessen”, sagt Toyota-Team-Präsident Toshio Sato. “Ich möchte ihm für seinen Beitrag zu unserem WEC-Projekt danken. Sein technisches Wissen, seine Motivation und sein Talent waren für uns unbezahlbar. Es ist traurig, dass ein solch respektierter und erfolgreicher Fahrer zurücktritt. Wir wünschen Alex für seine Zukunft alles Gute!”
Diesen Dank gibt Wurz zurück. “Ich danke der gesamten Motorsportfamilie für die Herausforderungen, die Kämpfe und die Siege: den Fans, den Teams, den Gegnern, den Organisatoren, den freiwilligen Helfern und vor allem meiner Familie”, so der Österreicher, der verspricht, dem Motorsport erhalten zu bleiben. “Meine Zukunft wird weiter im Rennsport sein, denn das liegt mir im Blut. Wer mich kennt, weiß, dass ich immer viele Projekte laufen hatte, die ich fortsetzen werde. Dazu zählen die Erhöhung der Sicherheit im Straßenverkehr und das Entwerfen von Rennstrecken.”