Zehnjährige startet bei Schwimm-WM

Gleichaltrigen schwimmt sie einfach davon. Auf Youtube gibt es ein Video von einem Schwimm-Event, bei dem Alzain Tareq andere Nachwuchsathleten mit mehreren Längen hinter sich lässt. Eigentlich logisch, dass es für sie nun neue Herausforderungen braucht, eine Ebene höher gehen muss. Aber gleich auf die Allerhöchste?

Alzain Tareq startet am Freitag bei der Schwimm-WM als jüngste Athletin in der Geschichte des Wettbewerbs und ist voller Vorfreude: “Ich bin so glücklich, hier zu sein. Etwas nervös bin ich schon, aber es ist ein großartiges Gefühl, bei den Weltmeisterschaften zu sein und all die großen Athleten zu treffen”, sagte die Nachwuchsathletin dem Sport-Portal “sport360.com” in Kasan.

“Sie hat schon Erfahrung”

Wenn Tareq am Freitag für den Wettbewerb über 50 Meter Schmetterling ins Becken steigt, dürften viele Kameraobjektive auf sie gerichtet sein. Dabei hat das Mädchen aus Bahrain gar keine Chance gegen die erwachsene Konkurrenz. Ihre Qualifikationszeit liegt weit über der ihrer Konkurrentinnen. Über 50 Meter Freistil hingegen hat sie drei Konkurrentinnen in der Qualifikation hinter sich gelassen. Dennoch geht es für Tareq hauptsächlich darum, überhaupt dabei zu sein.

Dass sie bei den Schwimm-Weltmeisterschaften startet, hängt offensichtlich nicht nur mit ihrem Talent, sondern auch mit ihrem schwimmbegeisterten Vater zusammen. Juma Salem Tareq berichtet, dass seine Tochter bereits mit vier Jahren mit dem Schwimmen begonnen hat und sieht kein Problem im öffentlichen WM-Rummel um sein Kind. “Sie hat schon einige Meisterschaftsrennen in Bahrain absolviert und hat schon Erfahrung darin”, sagte der Vater bei “sport360.com” und berichtet, dass seine Tochter in Kasan fleißig Selfies mit den Schwimm-Stars sammle. “Sie trainiert zweimal am Tag und sie liebt es”, ist er sich sicher.

Sind zwei tägliche Trainingseinheiten für Zehnjährige nicht zuviel?

Aber ist es eine gute Idee, eine Zehnjährige in einen Wettkampf mit Erwachsenen zu werfen? Wie viel psychischen Druck übt das auf einen so jungen Menschen aus? Und bleibt die Kindheit nicht auf der Strecke, wenn Kinder in diesem Alter bereits zweimal täglich trainieren müssen? Die Antworten liegen auf der Hand. Eigentlich kommt all das viel zu früh für die junge Athletin. Jugendklassen gibt es in fast allen Sportdisziplinen und sollen die Nachwuchstalente gemeinsam mit Distanz- oder Sportgeräte-Limitierungen vor einer frühzeitigen Überforderung schützen. Alzain Tareq hat diesen Schutz nicht, wird ins kalte Wasser der WM von Kasan geworfen. Und ob sie mit zehn Jahren wirklich schon begreift, was dieser Wettbewerb für ihre Entwicklung bedeutet, darf bezweifelt werden.


Jessica Hardy bei der Schwimm-WM in Kasan (Foto: Reuters)

Sprung ins kalte Nass: Gegen erwachsene Konkurrentinnen wie Jessica Hardy (Foto) hat es Alzain Tareq schwer.

Möglich ist Tareqs Teilnahme an der WM nur, weil es kein Alterslimit seitens des Weltschwimmverbandes FINA gibt. Eine Tatsache, die sogar ehemalige Star-Schwimmer überrascht: “Ich hätte gedacht, es gäbe eine Altersbeschränkung, weil ich 1991 nicht nach Perth zur WM durfte, als ich erst 13 war”, sagte Franziska van Almsick der “Bild”-Zeitung. “Mit 14 durfte ich dann in Barcelona bei den Olympischen Spielen starten und ich finde, dass 14 ein gutes Alter dafür ist.”

“Ich habe vor nichts und niemandem Angst”

Ein Sprecher der FINA wollte sich auf Anfrage der DW nicht zum Fall der zehnjährigen Alzain Tareq äußern und blieb im Allgemeinen: “Die Regeln sind die Regeln. Wir haben bisher kein Alterslimit”, hieß es knapp von Seiten der FINA, die offensichtlich auch kleine Schwimm-Verbände bei der WM vertreten sehen will und deshalb auf Qualifikationsnormen verzichtet. Es reicht, sich gegen die nationale Konkurrenz durchzusetzen. “Die müssen da oft nicht mal die B-Norm schwimmen und bekommen ihren Platz. Der Weltschwimmverband will auch die kleinen Nationen dabei haben”, erklärte der deutsche Bundestrainer Henning Lambertz der Bild-Zeitung.

Alzain Tareq sieht ihrem Start bei der WM mit großer Vorfreude entgegen und zeigt dabei eine kindliche Unbekümmertheit. “Ich habe vor nichts und niemandem Angst”, sagte sie in einem Interview auf der Internetseite der Schwimm-WM. Schließlich sei sie nicht ohne Grund von ihrem Land nach Kasan geschickt worden, verkündet die Zehnjährige selbstbewusst: “Ich bin die schnellste Schwimmerin im Team Bahrain.”

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