Offensichtliche Bemühungen, Gianni Infantino die Kandidatur für den Präsidentenposten im Fußballweltverband auszureden, deuten auf eine Trendwende im Wahlkampf hin. Der ursprüngliche Favorit aus Bahrain scheint am Erfolg zu zweifeln
Wien – Sich mit einem wider Erwarten nicht so leicht zu besiegenden Kontrahenten zu verbünden ist eine bewährte Taktik. Gut zwei Wochen vor der Präsidentenwahl im maroden Fußballweltverband (Fifa) wirbt der bisherige Favorit Salman Bin Ibrahim Al Khalifa um Europas Favoriten Gianni Infantino. Der 50-jährige Scheich aus Bahrain will den 45-jährigen Schweizer offenbar mit der Aussicht auf den einflussreichen Posten des Generalsekretärs locken und zum Verzicht auf das Antreten bei der Wahl am 26. Februar in Zürich bewegen. “Ich bin dazu bereit, dass Infantino und ich unsere Kräfte bündeln. Ausschließen kann man jedenfalls gar nichts”, sagte Scheich Salman in einem Interview mit der russischen Nahrichtenagentur Tass.
Der Boss der asiatischen Fußballkonföderation (AFC) galt seit der Bekanntmachung seiner Kandidatur Ende Oktober des Vorjahres als erster Anwärter auf die Nachfolge des inzwischen gesperrten Langzeitpräsidenten Joseph S. Blatter. Dies auch, weil er als ursprünglicher Unterstützer des von der Fifa-Ethikkommission aus dem Rennen genommenen Franzosen Michel Platini auf nicht wenige Stimmen aus der europäischen Fußballunion (Uefa) hoffen durfte.
Inzwischen hat sich das Bild allerdings gewandelt. Immer mehr europäische Verbände bekennen sich offen zu Platinis Generalsekretär Infantino, der durch eifrigen Wahlkampf die Rolle des Notnagels ablegte. In den vergangenen Tagen trudelten immer neue Stimmzusagen ein, Fußballprominenz wie Trainerikone Sir Alex Ferguson oder der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern, Karl-Heinz Rummenigge, gaben Wahlempfehlungen ab.
Europa reicht nicht
Infantino weiß allerdings, dass mit Fußballeuropa, das trotz allem nicht einhellig hinter ihm stehen wird, nichts zu gewinnen ist und dass die Festlegung der Verbände aus Südamerika, Nord- und Mittelamerika sowie der Karibik auf seine Person zwar ermutigend, aber bei weitem nicht entscheidend ist. Also wildert er auf Scheich Salmans Territorium, wobei der Iran, den Infantino gestern auf seiner Werbetour besuchte und als Asiens Nummer eins im Fußball pries, nur pro forma – als Mitglied der AFC – dazuzählt. Es gilt als gesichert, dass die Verbandsstimme aus Teheran schon aus politischen Gründen nicht an Scheich Salman gehen kann. Erst im Jänner hat das Königreich Bahrain im Gefolge Saudi-Arabiens die diplomatischen Beziehungen zum Iran abgebrochen.
Nicht ausgemacht scheint, dass alle 54 afrikanischen Verbände wie von der übergeordneten Konföderation (CAF) verkündet für Scheich Salman stimmen. Liberias Verbandschef Musa Bility sprach sogar von zumindest 26 Kollegen, die nicht im Sinne der CAF abstimmen wollen. Das könnte Tokyo Sexwale zugutekommen. Im Getöse des Zweikampfes zwischen Scheich Salman und Infantino geht aber der Südafrikaner ebenso unter wie der Jordanier Prinz Ali bin al-Hussein und der Franzose Jérôme Champagne. Keinem aus diesem Trio wurde von einem der beiden Favoriten ein einflussreicher Posten angeboten. (sid, lü, 10.2.2016)