Partizipation oder doch nur Privilegien – wofür steht die Jugend am Golf ein?

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Dr. Gidon Windecker leitet das Regionalprogramm der Konrad-Adenauer-Stiftung in den Golf Staaten (Bahrain, Katar, Kuwait, Oman, Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate)

Jahrelang gab es für die Jugend am Golf kaum einen Grund, einen Anspruch auf politische Mitsprache zu erheben. Garantierte der herrschende contrat social doch ein Leben mit materiellen Annehmlichkeiten im Gegenzug für politische Abstinenz.

Finanziert durch die immensen Einnahmen aus dem Öl- und Gasgeschäft bauten die Golf-Staaten mithilfe billiger Arbeitskräfte aus Asien eine schillernde Infrastruktur auf, um ihrer Bevölkerung einen in der arabischen Welt bis dahin unerreichten Lebensstandard zu bieten.

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Schon heute fällt es den Golfmonarchien schwer, ihr großzügiges Sozialwesen aufrecht zu erhalten

Dieses Herrschaftsmodell kommt im 21. Jahrhundert jedoch ins Wanken: Mit dem langsamen, aber sicheren Versiegen der Rohstoffquellen und dem jüngsten rapiden Preisverfall von Rohöl kommt es zu einem zunehmenden Einbruch der Staatseinnahmen. Schon heute fällt es den Golfmonarchien schwer, ihr großzügiges Sozialwesen aufrecht zu erhalten.

Garantierte der Staat früher Hochschulabsolventen eine sozial angesehene Position im Öffentlichen Dienst, hat das rapide Bevölkerungswachstum insbesondere in Saudi-Arabien und Oman nun dazu geführt, dass knapp ein Viertel aller unter 25-Jährigen – welche wiederum die Hälfte der gesamten Golf-Bevölkerung ausmachen – arbeitslos ist.

Umbrüche in der arabischen Welt

Es überrascht daher nicht, dass Politik für junge Menschen in den Golf-Staaten primär eine Frage wirtschaftlicher Perspektiven und sozialer Privilegien ist. Die politische Sprengkraft, welche die Sorge der Jugend um steigende Lebenshaltungskosten, Mangel an bezahlbarem Wohnraum und lukrativen Berufsaussichten birgt, zeigte sich erstmals 2011 im Zuge der Umbrüche in der arabischen Welt.

Denn nicht nur in Tunis und Kairo gingen junge Menschen auf die Straße, um ein Leben frei von wirtschaftlicher Not einzufordern, sondern auch im Golf artikulierte die Jugend ihren Unmut. Sicherlich, die Dimension der Protestbewegungen in den Golf-Staaten – ausgenommen Bahrain – war nicht mit den Ereignissen in Nord-Afrika und der Levante vergleichbar.

Die Golf-Jugend strebte keinen Umsturz im politischen System an, sondern forderte vor allem wirtschaftliche und soziale Reformen ein. Dennoch weckte diese Geburtsstunde des politischen Aktivismus eine gewisse Nervosität in den Herrscherpalästen.

Jugend als entscheidender politischer Faktor

Spätestens seit diesem Zeitpunkt ist in den ansonsten streng autokratischen Golf-Staaten ein Bewusstsein für die Jugend als entscheidender politischer Faktor entstanden. Gleichzeitig zeigt die Reaktion auf diese neu artikulierten Forderungen eine gewisse Unbeholfenheit, aus der bisher bewährten Formel von Zuckerbrot und Peitsche auszubrechen und nachhaltige Lösungsansätze zu finden.

Dabei werden durchaus ernste Anstrengungen in den Bereichen Bildung und Entrepreneurship unternommen. Jedoch bleibt die Erschaffung von „Knowledge Economies”, von wissensbasierten Wirtschaften, bisher eine Vision. Denn die wirtschaftliche Innovation gebildeter und engagierter Nachwuchskräfte wird oft ausgebremst durch eine traditionell forcierte gesellschaftliche und politische Unmündigkeit.

Immenses Potential der jungen Generation

Diese führt bei jungen Talenten nicht selten zu Frustration. Viele geben auf und arrangieren sich mit den Verhältnissen, eine Minderheit öffnet sich radikalem Gedankengut. Andere geben alles, um politische Grenzen infrage zu stellen.

Ihre Initiativen, mit denen sie mutig für einen Paradigmenwechsel und Reformen zum Beispiel in den Bereichen Bildung, Meinungsfreiheit und Frauenrechte einstehen, lassen das immense Potential der jungen Generation am Golf erahnen.

Auf der anderen Seite steht vielen jungen Menschen notgedrungen ein Mentalitätswandel bevor: mit den schwindenden Öleinnahmen und einem Abbau der umfassenden Versorgung wird wirtschaftliche Eigenverantwortung bald keine Tugend, sondern vielmehr eine notwendige Grundvoraussetzung sein. Diesen Wandel hin zu einer emanzipierten Jugend, mit all seinen politischen Facetten, gilt es nun von Staat und Gesellschaft in Gemeinschaftsarbeit zu meistern.

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Es stimmt nicht, dass sich junge Menschen nicht für Politik interessieren, sie gehen nur anders damit um. Daher will die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) zusammen mit der Huffington Post der Frage nachgehen: Wie muss Politik für junge Menschen aussehen? Weltweit werden Experten der Konrad Adenauer Stiftung politische Initiativen und Vorgehensweisen analysieren. Wenn Sie sich an der Diskussion beteiligen möchten, schreiben Sie an Blog@huffingtonpost.de.

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