Scheich Salman: Favorit mit Fragezeichen




FIFA: Die seltsamen Verwicklungen des Bahrainers

Scheich Salman bin Ibrahim al-Khalifa gibt sich gerne nahbar. Vor allen Dingen seit klar ist, dass er für das Amt des FIFA-Präsidenten kandidiert. Das Mitglied der Herrscherfamilie von Bahrain inszeniert sich gegenüber Journalisten in Hemd, Stoffhose und Golfschuhen als lockerer Typ. Anders ist das, wenn unangenehme Fragen kommen.

Scheich Salman bin Ibrahim al-Khalifa© imago

Die Anschuldigungen gegen den 50-Jährigen sind nicht neu: Er soll während des arabischen Frühlings 2011 einem Komitee vorgestanden haben, das aufständische Sportler, die an Demonstrationen teilgenommen hatten, identifizierte – und sie damit Folter und Haft auslieferte.

Es traf unter anderem die Nationalspieler Alaa Hubail, Mohammad Hubail und Ali Saeed. Rekordtorschütze Alaa Hubail erklärte später öffentlich, gefoltert worden zu sein für die Teilnahme an friedlichen Protesten. Kürzlich sagte er, Salman habe nichts mit den Verhaftungen von Sportlern zu tun gehabt und er hoffe, dass sein Landsmann FIFA-Chef werde. Wie glaubwürdig eine solche nachträgliche Reinwaschung in einem Königreich ist, das seit den Demokratiebewegungen in der arabischen Welt Jahr für Jahr restriktiver agiert, soll nicht Gegenstand dieser Zeilen sein.

Scheich Salman dementiert Vorwürfe

Der Kernvorwurf von Menschenrechtsorganisationen ist dieser: Salman soll von Thronfolger Prinz Nasser, der aufgrund der Niederschlagung der Proteste seine diplomatische Immunität in Großbritannien verlor, als Kopf eines Komitees eingesetzt worden sein zur Identifizierung aufständischer Sportler. Der Scheich bestreitet dies und sagt, er habe diesem Komitee nie vorgesessen. “Diese Beschuldigungen muss man sehr genau betrachten: Denn, ich frage Sie: Gibt es Leute, die irgendwelche Beweise haben, dass der Fußballverband von Bahrain während meiner Präsidentschaft irgendetwas getan hat, was nichts mit Fußball zu tun hatte?”, erklärte Salman 2015 in einem BBC-Interview. Er stand damals dem nationalen Verband vor und war zudem Generalsekretär des Ministeriums für Sport und Jugend. So ist es Berichten der bahrainischen Nachrichtenagentur BNA zu entnehmen. Am 11. April 2011 berichtete die BNA, dass sich das von Nasser eingesetzte Komitee unter Führung Salmans getroffen habe. Die BNA ist eine staatliche Nachrichtenagentur und insofern der verlängerte Arm des bahrainischen Informationsministeriums. Ihre Berichterstattung widerspricht also der Argumentation des FIFA-Präsidentschaftskandidaten.

Nichtsdestotrotz: Die Wahlkommission des Fußball-Weltverbandes hat ihn zugelassen, am 26. Februar wird er mit dem vom DFB unterstützten Gianni Infantino (Schweiz), Prinz Ali (Jordanien), Jerome Champagne (Frankreich) und Tokyo Sexwale (Südafrika) um die Nachfolge von Sepp Blatter ringen. Seine Chancen stehen nicht schlecht. Er hat die 47 Stimmen der Asiaten, deren Konföderationsboss er seit 2013 ist, und nach Absprache mit FIFA-Interims-Chef Issa Hayatou auch die der Afrikaner (56) hinter sich. Macht 103 Voten von 209 im Kongress.

Ermittlungen wegen Anfangsverdacht ergaben keine konkreten Beweise

Aktivisten des Bahrainischen Instituts für Recht und Demokratie (BIRD) hatten sich bereits 2014 an den damaligen Chefermittler der FIFA-Ethikkommission, Michael Garcia, gewandt. Der sah offenbar in den Vorwürfen der Menschenrechtsverletzungen keinen Bruch des Ethikcodes. Sein Nachfolger Cornel Borbely ermittelte im Oktober 2015 wegen eines Anfangsverdachts (der kicker berichtete exklusiv), soll aber keine konkreten Beweise aufgetrieben haben, was angesichts der überschaubaren Möglichkeiten der Kommission nicht unbedingt überrascht. Kritik an Salman gibt es zuhauf, zuletzt von Bundestags-Vizepräsidentin Claudia Roth und Ex-FIFA-Reformer Prof. Mark Pieth bei der Podiumsdiskussion “Baustelle Menschenrechte” in Nürnberg. Selbst wenn die Verstrickungen in Folter und Haft nicht beweisbar seien, so habe er sich doch trotz seiner damals hohen Ämter in Bahrain nicht davon distanziert, so beispielsweise die Anklage Pieths.

Ein Fall für den FIFA-Ethikcode? Mitnichten, findet die zuständige Kommission. Sie zieht sich auf die recht streitbare Argumentation zurück, dass sie eine technische und keine moralische Instanz sei, ergo Urteile nur auf der Basis handfester Beweise fällen könne. Für die Bewertung der Kandidaten sei letzten Endes am 26. Februar der Kongress zuständig.

Und der Bewerber selbst? Hat längst den sicheren Hafen anwaltlicher Hilfe angesteuert. Unangenehme Medien-Anfragen zu kritischer Berichterstattung aus seiner Heimat beantwortet die Londoner Kanzlei Schillings überraschend schnell mit einem Brief, der die Vermerke “dringend” und “nicht zur Veröffentlichung” trägt. Salman ist Favorit auf den FIFA-Thron. Aber er ist ein Favorit mit vielen Fragezeichen.

Benni Hofmann

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