Emirate: „Eine lebendige Kirche“

Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick ist mit positiven Eindrücken von einer Reise zu Christen auf der Arabischen Halbinsel zurückgekommen. Acht Tage lang hatte der Weltkirche-Verantwortliche der Deutschen Bischofskonferenz Katar, Bahrain, die Vereinigten Arabischen Emirate und Oman besucht. Dabei traf er die beiden katholischen Bischöfe und Vertreter der Politik, Repräsentanten des Islam und Verantwortliche von NGOs. Ein geplanter Besuch in Saudi-Arabien konnte nicht stattfinden, da ihm die saudischen Behörden kein Visum erteilten.

Er habe in den Golfstaaten eine „lebendige, junge und selbstbewusste Diasporakirche kennengelernt“, so der Erzbischof. „Sie gibt den Katholiken Heimat in der Fremde und bietet ein hilfreiches Netzwerk im täglichen Leben.“

In Oman stellen Christen mittlerweile drei Prozent, in Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten neun Prozent, in Bahrain sogar 15 Prozent der Bevölkerung. Die Kirche besteht fast ausschließlich aus Arbeitsmigranten, die sich einige Jahre in den Ländern auf der Arabischen Halbinsel aufhalten und sie anschließend wieder verlassen müssen. Die Mehrheit der Christen stammt aus Indien und von den Philippinen.

Migranten machen in Bahrain, Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten einen Großteil der Bevölkerung aus. In Dubai sind es bis zu achtzig Prozent. Ihre Integration wird dabei weder von den Regierungen noch von der arabischen Bevölkerung gewünscht. „Gastarbeiter und Einheimische leben in getrennten Welten“, berichtet Erzbischof Schick. „Die wesentlichen Bürgerrechte bleiben den Staatsbürgern vorbehalten. Die Lebenssituation und die Rechtsstellung der Zuwanderer sind fragil. Die Staatsbürgerschaft können sie nicht erwerben. Ohne die Menschen aus allen Teilen der Welt wäre ein so hoher Lebensstandard für die Einheimischen am Arabischen Golf nicht möglich.“

Zu den Schattenseiten des wirtschaftlichen Booms in den Ölstaaten, von dem die reichen Industriestaaten, auch Deutschland, profitieren, gehören vor allem Fälle von Ausbeutung im Bau- und Dienstleistungssektor, die zunehmend internationale Aufmerksamkeit finden. Arbeiter werden unregelmäßig bezahlt, menschenunwürdig untergebracht, Pässe einbehalten, manche Hausangestellte sind sexuellen Übergriffen ausgesetzt. Erzbischof Schick: „Hier besteht dringender Handlungsbedarf. Auch viele Firmen und Regierungsverantwortliche erkennen inzwischen, dass sich etwas ändern muss.“

In keinem der besuchten Länder herrscht Religionsfreiheit im Sinne der Internationalen Menschenrechtskonvention. In allen Staaten auf der Arabischen Halbinsel mit Ausnahme Saudi-Arabiens gibt es Kirchen und für die Kinder der Gastarbeiter auch katholische Schulen. Das Kirchen- und Gemeindeleben gestaltet sich um die Feier der Eucharistie herum, die von vielen Katholiken besucht wird, wann immer es möglich ist. Da der Freitag arbeitsfrei ist, feiern die Christen an diesem Tag ihren Sonntag.

Für den Kirchenbau sowie die Errichtung katholischer Schulen seien gute Beziehungen zum jeweiligen Herrscherhaus notwendig, da Bauland von den Regierungen zugeteilt werde, so Erzbischof Schick. Kirchen und Gemeindezentren der verschiedenen Konfessionen seien häufig in räumlicher Nähe zueinander am Stadtrand in einem abgeriegelten „Kirchenzentrum“ errichtet: „Sie sind weder durch Kreuze noch durch Türme als Gotteshäuser erkennbar. Unter Muslimen für den christlichen Glauben zu werben, ist streng verboten, Konversionen zum Christentum sind nicht möglich. Mich hat sehr beeindruckt, dass die Christen trotz der Einschränkungen von ihrem Glauben Zeugnis geben und lebendige Kirchengemeinden bilden. Die Ortskirchen nutzen selbstbewusst, engagiert und beharrlich jene Möglichkeiten, die sich ihnen bieten“, so Erzbischof Schick.

Bei Gesprächen mit den für die Arabische Halbinsel zuständigen Bischöfen Camillo Ballin und Paul Hinder informierte sich Erzbischof Schick über die pastorale Situation. „In den Gottesdiensten mit mehreren tausend Teilnehmern ist mir noch einmal bewusst geworden, dass ‚katholisch‘ ‚weltumfassend‘ bedeutet und Christus Weg, Wahrheit und Leben für die Menschen in jeder Situation bedeutet.“ In der Kathedrale von Abu Dhabi finden jedes Wochenende 35 Gottesdienste statt, die in zwölf verschiedenen Sprachen gefeiert werden. In Dubai, bei einem Besuch in der wahrscheinlich größten Pfarrei der Welt (Schätzungen gehen von 100.000 bis zu mehr als 300.000 Katholiken aus) konnte Erzbischof Schick erleben, dass viele Migranten in den katholischen Pfarreien eine Heimat auf Zeit gefunden haben.

Die Reise stand auch im Zeichen einer Intensivierung der Beziehungen zu Vertretern des Islam. Im „Centre for Interfaith Dialogue“ in Katar regte Erzbischof Schick an: „Die Gespräche zwischen den Religionen sollten nicht nur auf akademischen Konferenzen geführt werden. Wir brauchen auch die Begegnung der Gläubigen im Alltag.“ Das Zusammenleben der Religionen war auch Thema während der Gespräche mit den für religiöse Angelegenheiten zuständigen Ministern von Katar, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Oman.

(pm 09.02.2016 sk)

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